Überwachung wird verbessert

Begonnen von Hans, Januar 05, 2009, 18:49:09

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Hans

NSO-WhatsApp-HackBetroffene von Handy-Spionage berichten
Staatstrojaner werden von Regierungen auch eingesetzt, um missliebige Aktivist:innen und Journalist:innen zu überwachen. Betroffene schildern, wie schmerzhaft das ist und wie bedrohlich die Spionagesoftware für die Menschenrechte sein kann.
08.03.2021 um 13:18 Uhr - Josefine Kulbatzki, Access Now - in Überwachung - keine Ergänzungen
Betroffene, deren Handys ausspioniert wurden, fühlen sich oft schutzlos. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.comJose Pablo Garcia
Staatstrojaner sollen Geheimdiensten oder Strafverfolgungsbehörden dazu dienen, Kommunikation und Daten von Smartphones zu überwachen. Die Software wird direkt in das jeweilige Gerät eingebracht und hebelt quasi von innen die Schutzmaßnahmen des Betroffenen aus. Verschlüsselte Nachrichten beispielsweise können so vor der Verschlüsselung mitgelesen werden. In Demokratien sind – zumindest meistens – hohe rechtliche Hürden vorgesehen, bevor ein solcher Trojaner eingesetzt werden darf.
Die Spionagesoftware ,,Pegasus" der israelischen Firma NSO Group wird immer wieder mit Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht. Das Unternehmen gibt zwar an, die Software nur für Verbrechensbekämpfung an Regierungen zu verkaufen, wie sie letzten Endes eingesetzt wird, prüft die Firma selbst aber nicht. Von Spionage mit solcher Software betroffen sind häufig Journalist:innen und Aktivist:innen, die sich gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit in ihren Ländern einsetzen. Autoritäre Regime können sie mit Hilfe der Spionagesoftware über Ländergrenzen hinweg überwachen und unter Druck setzen. Access Now und weitere NGOs versuchen seit Jahren dagegen vorzugehen.
Eine Klage von Facebook gegen das Unternehmen NSO wird jetzt vor Gericht verhandelt. Nachdem mit der NSO-Software Pegasus 1.400 WhatsApp-Nutzer:innen ausspioniert wurden, klagte das Unternehmen im Jahr 2019. Die Klage wird mittlerweile von anderen großen Tech-Konzernen und der Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) mit Stellungnahmen unterstützt. EFF forderte das Gericht auf, der NSO keine Immunität zu gewähren.
Betroffene berichten
Menschenrechtler:innen, Journalist:innen und Aktivist:innen überall auf der Welt wurden Opfer des WhatsApp-Hacks. Die ersten bekannten Fälle in Europa betrafen Personen, die sich für die Unabhängigkeit Kataloniens einsetzen, unter anderem den Parlamentspräsidenten Roger Torrent. Außerhalb Europas kann diese heimliche Form der Überwachung überaus bedrohlich werden: Inhaftierungen, Folter oder gar Hinrichtungen können in diktatorischen Regimes die Folge sein.
Access Now hat fünf Betroffene interviewt und ihre Geschichten veröffentlicht. Wir haben sie übersetzt. Sie zeigen eindrücklich, was es bedeutet, mit einem Staatstrojaner überwacht zu werden:
Bela Bhatia
Bela Bhatia ist eine indische Menschenrechtsanwältin, Aktivistin, unabhängige Forscherin und Autorin.
ZitatMein Name ist Bela Bhatia. Ich lebe in Jagdalpur im Bezirk Bastar im indischen Bundesstaat Chhattisgarh. Ich arbeite hier als Menschenrechtsanwältin und -aktivistin, unabhängige Forscherin und Autorin. Bevor ich im Januar 2015 nach Bastar umzog, war ich Honorarprofessor am Tata Institute of Social Sciences in Mumbai. Meine Verbindung nach Bastar reicht bis ins Jahr 2006 zurück. Bastar ist seit 2005 Schauplatz eines ,,Krieges" zwischen der indischen Regierung und der Kommunistischen Partei Indiens (Maoisten). Seitdem gab es eine Vielzahl von Menschenrechtsverletzungen an den indigenen Adivasi, den Bewohnern der Dörfer des Kriegsgebiets. Ich gehörte zu den Mitgliedern der Zivilgesellschaft, die diese Exzesse dokumentierten, sich dazu äußerten und dagegen schrieben sowie die Opfer vor Gericht vertraten.
Ich glaube, dass ich ins Visier geriet, weil die Landes- und Bundesregierungen Indiens nicht wollen, dass Einzelpersonen die Straffreiheit der Polizei und der Paramilitärs bezeugen oder sich dagegen aussprechen, während sie ihre Pläne zur Niederschlagung der maoistischen Bewegung mit brutaler Gewalt und illegalen Mitteln ausführen. Neben den Problemen, die mit der maoistischen Bewegung zusammenhängen, gibt es noch andere Themen, die Regierungsführung und die demokratischen Rechte der Bürger betreffend, insbesondere die Rechte der Adivasi in diesem Gebiet – das unter den Anhang 5 (,,Fifth Schedule,,) der indischen Verfassung fällt, wodurch ihnen besonderer Schutz gewährt werden sollte – werden mit Füßen getreten, zum Beispiel in der Förderung der Bergbauindustrie, die im Interesse privater Konzerne ohne ein ordentliches Verfahren stattfindet. Die Regierung ist bestrebt, selbst gewaltfreie Mobilisierungen zur Wahrung solcher demokratischen Rechte zu unterbinden.
Seit vielen Jahren werden unabhängige Beobachter:innen und Akteur:innen, ob Einheimische oder Besucher:innen, in diesem Gebiet kontinuierlich überwacht und schikaniert, darunter auch einheimische Jugendliche. Besonders gebildete Jugendliche wurden schikaniert und willkürlich verhaftet, auch Sozialarbeiter:innen, Journalist:innen, Anwälte und Akademiker:innen wurden bedroht, vertrieben oder unter falschen Anschuldigungen angeklagt.
Wie andere auch, war ich in den Jahren 2016 und 2017 solchen Überwachungen, Schikanen, Drohungen und Etikettierungen als ,,Naxaliten-Agent" und ,,urbaner Naxalit" sowie unterschiedlichen Angriffen durch die Polizei, paramilitärische und Bürgerwehr-Organisationen ausgesetzt. Es wurde zum Beispiel ein anonymes Flugblatt mit meinem Foto, das mich als ,,Naxaliten-Agent" bezeichnete (eine implizite Aufforderung zur Gewalt), im März 2016 von Mitgliedern einer feindseligen Kundgebung, die von einer Bürgerwehr in dem Dorf, in dem ich wohnte, organisiert wurde, in der Gegend verteilt; mein Telefon wurde mir von einem maskierten Mann entrissen, als ich versuchte, über eine von Polizei und Bürgerwehr organisierte Kundgebung in Jagdalpur im September 2016 zu berichten; im Oktober 2016 wurde mein Bildnis zusammen mit dem anderer Aktivist:innen von der Polizei in mehreren Distrikthauptquartieren verbrannt; im Januar 2017 versuchten Schläger einer Bürgerwehr, mich in der Nacht zu bedrohen, und griffen am nächsten Morgen mein Haus an, eine gemietete Unterkunft in einem Dorf, mit der Absicht, mich zu vertreiben. Darüber hinaus war mir bewusst, dass mein Telefon höchstwahrscheinlich angezapft und meine Bewegungen oft verfolgt wurden.
Ich war daher nicht überrascht, als ich von John Scott-Railton, einem leitenden Forscher des Citizen Lab an der Universität von Toronto, erfuhr, dass mein Telefon mit einer Spionagesoftware namens Pegasus gehackt worden war, die von der israelischen Cyber-Warfare-Firma NSO Group exklusiv an Regierungen verkauft wurde. Ich sah das als eine Fortsetzung der alten Überwachung in ausgefeilterer Form.
Die Auswirkungen dieser Überwachungsmaßnahmen, die in der Pegasus-Operation gipfelten, sind, dass ich gezwungen bin, in einem Umfeld des Verdachts zu arbeiten und ein eingeschränktes Leben zu führen. Es ist umso schwieriger geworden, unter den Gemeindemitgliedern Vertrauen für jegliche gemeinsame Aktivität aufzubauen. Außerdem konnte ich nicht dort leben, wo ich gern gelebt hätte, in dem Dorf, in dem ich jetzt lebe, wurde ich 2017 angegriffen. Ich war auch nicht in der Lage, in anderen Funktionen zu arbeiten, in denen ich gern gearbeitet hätte; beispielsweise hätte ich gern mit der Universität hier zu tun gehabt, aber auch die Universitätsbeamten sind mir gegenüber misstrauisch geworden.
Die Tatsache, dass ich ins Visier internationaler Spionage geraten bin, hat all die früheren Gerüchte und ihre möglichen Folgen noch verstärkt. Die Pegasus-Operation hat die Überwachung auf eine neue Ebene gehoben und mich noch umstrittener und angreifbarer gemacht, als ich es ohnehin schon war. Ich muss auch mit der ständigen Befürchtung leben, aufgrund falscher Anschuldigungen verhaftet zu werden, wie es in letzter Zeit mehreren anderen Aktivist:innen in diesem Land passiert ist.
Aboubakr Jamaï
Aboubakr Jamaï arbeitete als marokkanischer Journalist und ist Gewinner des CPJ International Press Freedom Awards.
ZitatÜber zehn Jahre war ich als Journalist in Marokko tätig. Ich habe zwei Wochenmagazine gegründet und geleitet. Unsere Arbeit wurde mit internationalen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem International Press Freedom Award des Committee to Protect Journalists. Nach mehreren Verboten und erfundenen Verleumdungsklagen, die zu hohen Geldstrafen führten, wurde ich 2007 aus dem Land vertrieben. Im Jahr 2010 gingen die Verlage nach einem staatlich gelenkten Anzeigenboykott in Konkurs. Nachdem ich Marokko verlassen hatte, begann ich eine neue Karriere als Berater und Lehrer.
In den letzten zwei Jahren gab es zwei Vorfälle, in denen vertrauliche Arbeit, die ich für meine Kund:innen geleistet habe, an Medien weitergegeben wurde, die dem marokkanischen Regime nahestehen. In den Artikeln über meine Arbeit wurden Inhalte verwendet, die von meinem Telefon gestohlen wurden, um berufliche Bekannte zu verleumden. Während ich in Marokko war, handelte ich immer in der Annahme, dass meine Telefone vom Staat abgehört wurden. Außerhalb Marokkos hoffte ich, arbeiten und meinen Lebensunterhalt verdienen zu können, ohne dass der marokkanische Staat mich ausspioniert und die Beziehung zu meinen Berufspartnern gefährdet. Dank der Recherchen von Citizen Lab erfuhr ich, dass mein Telefon mit der Spionagesoftware Pegasus infiziert war. Auch meine Kund:innen wussten davon und haben meine Dienste seitdem nicht mehr in Anspruch genommen.
Als Professor leite ich die Abteilung für internationale Beziehungen eines in Frankreich ansässigen Auslandsstudienprogramms. Die meisten unserer Studierenden sind US-amerikanische Staatsbürger:innen. Zu meinen Aufgaben gehört es, Reiseseminare nach Marokko zu organisieren und zu leiten. Seit den Spionage-Enthüllungen mache ich mir Sorgen, unsere Studierenden nach Marokko zu bringen.
Von einem autoritären Staat ausspioniert zu werden, verdirbt nicht nur berufliche Beziehungen, sondern reduziert auch den sozialen Kreis. Freund:innen und Verwandte werden allein durch die Tatsache gefährdet, dass sie frei mit einem telefonieren. In der Konsequenz neigen sie dazu, ihre Interaktionen mit einem zu reduzieren. Der größte Teil meiner Familie lebt in Marokko. Obwohl ich gelegentlich in mein Heimatland zurückkehre und meine Verwandten besuche, finden die meisten Interaktionen über das Telefon statt. Zu wissen, dass unsere Gespräche ausspioniert werden, ist für sie und mich emotional belastend.
Placide Kayumba
Placide Kayumba ist ruandischer Aktivist und Mitglied der Opposition im Exil.
ZitatIch bin mir ziemlich sicher, dass ich ins Visier geriet, weil ich die Regierung von Ruanda kritisiert habe. Diese Regierung ist eine Diktatur. Man weiß genau, wie die ruandische Regierung funktioniert. Als ich Student [in Belgien] war, haben wir eine gemeinnützige Organisation (Jambo- asbl) gegründet, die begann, eine andere Darstellung über Ruanda, die Regierung und das Regime zu veröffentlichen. Ich war der erste Vorsitzende der Organisation. Wir veröffentlichten eine Website mit Informationen, ich schrieb einige Artikel (Jambo News), organisierte einige Konferenzen und Demonstrationen, um das Bewusstsein in Ruanda und der Region der ,,Großen Seen" allgemein zu erhöhen.
2015 oder 2016 wurde ich das Ziel von Regierungsvertreter:innen. Ich trat einer Oppositionspartei mit Victoire Ingabire bei. Im Jahr 2018 ging ich in den Vorstand der Partei [die Vereinigten Demokratischen Kräfte/ Forces Democratiques Unifiées – Inkingi, auch bekannt als FDU-Inkingi] und fuhr fort, das Bewusstsein zu schärfen und für den Wandel von einer Diktatur in eine Demokratie zu kämpfen.
In jenen Jahren wurden in Ruanda einige Menschen getötet, darunter auch Mitarbeiter:innen der Partei. Anselme Mutuyimana wurde im Norden Ruandas verhaftet; Menschen fanden seine Leiche. Der Vizepräsident der Partei, Boniface Twagirimana, ist im Oktober 2018 [aus seiner Gefängniszelle] verschwunden. Wir wissen immer noch nicht, wo er ist, aber gehen davon aus, dass er tot ist. Eugene Ndereyimana ist ein weiteres Mitglied der Partei, das verschwunden ist.
Ich habe [diese Vorfälle des Verschwindens] kritisiert und versuche Unterstützung von Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International und der UN-Menschenrechtsagentur zu bekommen. Wir brauchen Hilfe, um herauszufinden, was mit diesen Menschen passiert ist, eine unabhängige Untersuchung. Die Regierung untersucht das nicht.
Ich wurde als Staatsfeind betrachtet. Ich bin nicht überrascht, dass ich Ziel von Spionageprogrammen wurde, damit die Regierung sehen kann, mit wem ich in Ruanda Kontakt hatte. Vielleicht wurden die Leute, die getötet wurden, anvisiert, weil sie Mitglieder der Partei FDU waren. Ich habe mit ihnen einige Nachrichten ausgetauscht, nichts, was als kriminell angesehen werden könnte. Ich habe mit ihnen diskutiert, was sie tun können, um viele Menschen zu mobilisieren, um Demokratie, mehr Freiheit und Meinungsfreiheit zu erreichen.
Die Häuser der Menschen wurden zerstört, weil sie keine offiziellen Landtitel haben. Um das Land zu bekommen, [wurden die Menschen] auf die Straße geworfen, wurden obdachlos, [und erhielten] keine finanziellen Mittel von der Regierung. Ich habe mit Menschen in Ruanda zu diesem Thema gearbeitet. Ich wurde zur Zielscheibe, weil ich ein Menschenrechtsaktivist war, das gefiel ihnen nicht. Sie mögen keine Leute, die sie bekämpfen. Ich kämpfe nicht gegen sie, sondern versuche, mehr Freiheit von ihnen zu bekommen. Ich möchte, dass sie offener für andere Visionen sind, für andere politische Akteure.
Ich hatte in einem Artikel der Financial Times gesehen, dass Ruanda als Land erwähnt wurde, das die Spionagesoftware verwendet. Ich konnte mir denken, dass ich sicherlich betroffen war. Es gibt eine Historie an Angriffen auf soziale Netzwerke von offizieller Seite.
Die Bestätigung, dass ich betroffen war, kam von WhatsApp, als WhatsApp begann, mit Citizen Lab zusammenzuarbeiten. Das Citizen Lab kontaktierte mich mit einigen Fragen, um zu sehen, ob mein Telefon irgendwelche Anomalien aufwies. Sie erklärten, dass es einen Angriffsversuch auf mein Gerät gegeben hatte. Dann informierten sie mich, dass WhatsApp eine Nachricht senden würde, um alle angegriffenen Personen zu informieren. Ein paar Tage später erhielt ich eine Nachricht von WhatsApp. Ich weiß nicht, ob sie [die Regierung] etwas von meinem Telefon kopiert haben. Das ist die große Frage.
Es ist gefährlich, dass sie über die Familie Bescheid wissen, wo die Kinder zur Schule gehen. Wenn man Nachrichten austauscht, weiß man nicht, ob jemand anderes [Zugang zu] ihnen haben könnte, [jemand] der kriminelle Pläne gegen einen hat.
Die Überwachung hat viele Auswirkungen auf mich. Meine Freunde kontaktieren mich jetzt nicht mehr so leicht. Sie denken, dass mein Telefon überwacht wird. Mein soziales Leben wurde beeinträchtigt.
[Auswirkungen] Auf meine Sicherheit – ich kann mich nicht frei bewegen, wohin ich will, weil sie mich orten können. Das sind die Dinge, über die man nachdenkt, wenn einem so etwas passiert. Es gibt einige Orte, an die ich nicht einfach gehen kann. Hauptsächlich in Afrika, da sie in einigen Ländern Afrikas leicht Menschen töten können. Zu meiner eigenen Sicherheit kann ich nicht reisen, außer in einige Länder, in denen ich mich sicher fühle (in den USA und in Europa). Selbst von Belgien wissen wir, dass es dort einige Zellen gibt.
Finanziell – das ist schwer zu sagen. Ich muss die Art und Weise, wie ich kommuniziere, anpassen, wenn ich einige Leute kontaktiere. Ich muss sicher sein, dass es sicher ist. Ich muss Wege finden, um außerhalb der üblichen Kanäle zu kommunizieren. Das kann etwas Geld kosten. Ich muss mich bewegen, um Menschen von Angesicht zu Angesicht zu sehen, um sicher zu sein, dass ich nicht abgehört werde. Es ist eine andere Art zu leben.
Professionell – wenn jemand so viel bezahlen kann, um die eigene Kommunikation zu kontrollieren/überwachen, ist er bereit, viel mehr zu tun. Mit der Zeit könnten sie [die Regierung] einige Informationen in meine Geräte (meine beruflichen Geräte) einspeisen, dadurch könnten sie alles in meinem Telefon stehlen, sie könnten Nachrichten von sich in meinem Telefon hinterlassen. Das befürchte ich.
Bevor ich erfuhr, dass sie mein Telefon ins Visier nahmen, hatte ich keine Ahnung, dass das passieren könnte. Vor allem, wenn man WhatsApp benutzt, von dem alle sagen, dass es so sicher ist.
Irgendetwas in meinem Kopf hat sich verändert, an der Art und Weise, wie ich Technologie sehe. Ich vertraue ihr nicht mehr. Aus meiner Sicht kann alles ins Visier genommen werden, und sie können spionieren, wie sie wollen.
Für mich kann jede Anwendung eine gewisse Schwachstelle haben. Ich gehe davon aus, dass jeder Kommunikationskanal ausspioniert werden kann. Die einzige Möglichkeit, sicher zu sein [frei von Kommunikationsüberwachung], ist, jemanden persönlich zu treffen, ohne Telefone, an einem Ort, der nicht überwacht werden kann.
[Gerechtigkeit erreichen in] Ruanda – wenn ich nach Ruanda ginge, würden sie mich gern ins Gefängnis stecken oder mich töten. Denn sie töten Leute wie Anselme Mutuyimana, [der] in unserer Partei keinen Platz im Vorstand hatte [er war ein Assistent von Victoire Ingabire]. Ich war der dritte Vizepräsident [der FDU]. Wenn sie ihn so töten konnten, kann man sich vorstellen, was sie tun würden, wenn sie mich finden würden. In Ruanda gibt es keine Gerechtigkeit für irgendetwas. Selbst Menschen, die jetzt obdachlos sind, weil sie [die Regierung] beschlossen hat, ihre Häuser an reiche Freunde zu geben. Es gibt keine Gerechtigkeit in Ruanda. Es ist dort nicht sicher für mich.
[Gerechtigkeit erreichen in] Belgien – [Ich] könnte in Belgien vor Gericht gehen. Es ist vertrauenswürdiger. Aber für mich, ich bin sehr klein. Ich würde gegen eine riesige Organisation wie die NSO Group antreten, die viele Ressourcen hat. Es wäre für mich Zeitverschwendung und ein Geldverlust, in Belgien vor Gericht zu gehen. Für welches Ergebnis? Selbst wenn die NSO Group hier in Belgien verurteilt würde, wird das Ruanda nicht davon abhalten, einen anderen Weg zu finden, Menschen wie mich zu bedrohen oder zu töten. Das Ergebnis ist es für mich nicht wert.
Der wirkliche Weg, die Dinge für mich zu ändern, ist, die Regierung in Ruanda zu ändern. Solange die RPF Ressourcen aus vielen Ländern in der EU, den USA, Großbritannien oder dem Kongo hat, solange sie genug Ressourcen haben, um Menschen zu töten, wo immer sie wollen (Kenia, Südafrika, Australien), [werde ich nicht sicher sein]. Einen Fall für die Justiz hier in Belgien einzureichen, würde mich so viel kosten. Für sie sind es nur Details.
Vor einigen Jahren haben wir einen Fall vor dem Gericht in Arusha [dem Afrikanischen Gerichtshof für Menschenrechte und Rechte der Völker (AfCHPR)] eingereicht, [in dem] Ruanda im Fall von Victoire Ingabire verurteilt wurde [Ingabire Victoire Umuhoza gegen die Republik Ruanda, App. Nr. 003/2014]. Ihr Fall in Ruanda war nicht gerecht; sie wurde für nichts acht Jahre inhaftiert. Bis heute hat Ruanda nichts dagegen unternommen. Auch das Ergebnis der Justiz [ist] keine Lösung für uns. Die Lösung ist, Demokratie und Freiheit in Ruanda zu bekommen; das ist der einzige Weg, um das Töten und Plündern zu stoppen, die einzige Lösung.
Was ich von dem Fall in den USA erwarte – wenn es möglich ist, die NSO Group dazu zu bringen, für das zu zahlen, was diese Regierungen den Aktivist:innen angetan haben, würde das eine Botschaft an alle Unternehmen senden, die Diktaturen bei kriminellen Prozessen helfen. Ich hoffe, dass die USA bedenken, dass Firmen, die Menschen ausspionieren, keine Unterstützung haben sollten. Die US-Regierung ist einer der [größten] Beitragszahler [der Hilfe] für Ruanda.
Fouad Abdelmoumni
Fouad Abdelmoumni ist marokkanischer Menschenrechts- und Demokratieaktivist, er arbeitet mit Human Rights Watch und Transparency International für Marokko zusammen.
ZitatIch fühle mich angegriffen, belästigt und schwer missbraucht. Ich bin Fouad Abdelmoumni, ein 62-jähriger marokkanischer Mann. Als ich gerade zwanzig Jahre alt war, wurde ich gefoltert, inhaftiert und mehrere Jahre lang zwangsverschleppt, ohne jegliche rechtliche Grundlage. Doch ich erlebe die gegenwärtige Verletzung meiner Privatsphäre, die Verbreitung von Informationen oder intimen sexuellen Videos, in denen ich mit einer anderen Person zu sehen bin, und die Schikanen und Drohungen gegen meine Angehörigen als viel gewaltvoller.
Ich bin ein Menschenrechts- und Demokratieaktivist (eine meiner Rollen ist die des Vorstandsberaters für Human Rights Watch – MENA) sowie Aktivist für Transparency International (eine Bewegung, die Korruption bekämpft, in der ich vor ein paar Jahren Vorsitzender des marokkanischen Zweigs war). Ich habe keine parteipolitische Zugehörigkeit, obwohl ich mich regelmäßig gegen Autoritarismus, Korruption und Raubbau in meinem Land und anderswo ausspreche.
Ich wurde vor ein paar Jahren zur Zielscheibe des repressiven Systems in Marokko, aber bis jetzt wurde ich immer nur auf heimtückische Weise angegriffen. Die regimetreue Presse, die sich auf die Verleumdung von Gegnern und kritischen Stimmen spezialisiert hat, nimmt mich regelmäßig ins Visier und spickt ihre Lügenfluten mit der ein oder anderen Tatsache aus der Realität, die nur von mächtigen Organisationen erlangt werden konnten, die Zugang zu meinen privaten Räumen, Dokumenten und meiner Kommunikation haben.
Im Oktober 2019 wurde ich vom Citizen Lab kontaktiert, das im Rahmen eines von WhatsApp in Auftrag gegebenen Projekts meine Telefonnummer unter denjenigen identifiziert hatte, die mit einer Spionagesoftware gehackt wurden, die es ermöglicht, auf alle Inhalte und Funktionen meiner Kommunikationsmittel zuzugreifen. In Anbetracht dessen postete ich die folgende Erklärung auf meiner Facebook-Seite: ,,Staaten, einschließlich des marokkanischen Staates, verhalten sich wie Mafias, aber das kann ihre Unterdrückung und Korruption nicht für immer schützen." Im folgenden Monat erhielt meine Schwester einen Anruf, angeblich von der Polizei, in dem ihr mitgeteilt wurde, dass ich inhaftiert worden sei, was völlig unwahr war. Zusammen mit sieben anderen Opfern der Bespitzelung reichte ich einen Untersuchungsantrag bei der Nationalen Kontrollkommission für den Schutz persönlicher Daten (CNDP) ein. Die CNDP unternahm nichts, mit dem Argument, dass sie für diese Art von Angelegenheiten nicht zuständig sei (laut ihrem Präsidenten, der zwar zustimmte, mich zu treffen, aber nie die versprochene schriftliche Antwort auf unsere Beschwerde gab).
Dann, im Januar 2020, veröffentlichte eine der Seiten, die innerhalb des Systems der politischen Unterdrückung schmutzige Arbeit verrichten, ein Video, das mich beleidigte und bedrohte sowie in meine Privatsphäre eindrang. Am 13. Februar 2020 wurden sechs mehrere Minuten lange Videos, die meine:n Partner:in und mich – oder Personen, die uns sehr ähnlich sehen – in expliziten sexuellen Situationen zeigen, an Dutzende von Personen geschickt. Parallel dazu war ich schweren Schikanen durch Dienststellen der Verwaltung ausgesetzt, darunter exorbitanten Steuerprüfungen und der Aufhebung von Entscheidungen über die Gewährung von Investitionszuschüssen im Wert von mehr als 30.000 US-Dollar. Dann, im Oktober 2020, beeinträchtigten weitere Angriffe in der Sensationspresse nicht nur mein Privatleben, sondern auch das anderer Personen, deren einziges Verbrechen darin bestand, mit mir befreundet zu sein. Sie gingen so weit, dass sie vertrauliche Informationen über den Familienstand eines 11-jährigen Kindes veröffentlichten und sogar seine Identität preisgaben.
Ich bin jemand, der sich weigert, im Verborgenen zu agieren, und ich bin bestrebt, niemals etwas im Vertrauen zu sagen, das ich nicht auch vor einem Publikum verteidigen würde. Aber das bedeutet sicherlich nicht, dass ich akzeptiere, dass sich andere in mein Privatleben einmischen oder meine Privatsphäre oder die der Menschen, mit denen ich mich umgebe, dem Voyeurismus ausgesetzt werden. Es sollte betont werden, dass ich in Marokko lebe, einem Land, in dem laut Gesetz Gefängnisstrafen für außerehelichen Sex verhängt werden können und in dem die Gesellschaft sehr intolerant gegenüber sexuellen Freiheiten ist, insbesondere gegenüber Frauen.
Die Details, die ich hier erzähle, haben nicht nur mit dem Hacken meines Telefons zu tun, obwohl das ein Schlüsselaspekt des Systems von Spionage und mafiöser Belästigung ist, dem ich und andere ausgesetzt sind. Ich habe immer das Risiko in Kauf genommen, dass Mikrofone und Kameras an Orten installiert werden, an denen ich denke, dass ich mich privat aufhalte. Aber bis vor einem Jahr habe ich noch geglaubt, dass das marokkanische Regime nicht so hinterlistig ist, dass es diese Aufnahmen nutzen würde, um seine Gegner zu erpressen und kritische Stimmen zu terrorisieren. Ich dachte auch nicht, dass es sich so direkt bloßstellen würde, weil ich wusste, dass niemand glauben wird, dass die Einmischungen, Aufnahmen, Verleumdungskampagnen und Schikanen verschiedenster Formen nicht ein bewusstes, gut orchestriertes und entschlossenes Vorgehen seitens sehr hoher Ebenen des marokkanischen Staates sind. Heute zeigen bestimmte Handlungen, wie schrecklich diese Verhaltensweisen sind und machen es möglich, die Täter öffentlich zu verurteilen. Ich hoffe, dass vertrauenswürdige Justizsysteme diese Aufgabe für meine Würde und die der anderen Menschen, die als Kollateralopfer angegriffen wurden, übernehmen, damit die Eliten in Marokko und auf der ganzen Welt nicht länger in Angst davor leben müssen, dass ihr Privat- und Sexualleben preisgegeben wird.
PS: 1984, gegen Ende meines zweiten Jahres des ,,Incommunicado"-Verschwindens, völlig isoliert von der Welt, tage- und monatelang in Handschellen, mit verbundenen Augen, empfing ein Unterausschuss des Senats der Vereinigten Staaten den Botschafter von Marokko in Vorbereitung des Besuchs von König Hassan II. in den USA. Amnesty hatte meinen Fall einigen der Senatoren vorgelegt, die fragten, was mit mir geschehen sei. Der Botschafter antwortete, dass alles nur erfunden sei, und lud jeden der Senatoren ein, ihn nach Marokko zu begleiten, er sagte, dass er sie zu meinem Haus mitnehmen würde, um gemeinsam Tee zu trinken. Hinterher informierte er sofort das marokkanische Außenministerium über den Wortwechsel, das die Angelegenheit an das Justizministerium weiterleitete. Der Generalstaatsanwalt des Königs setzte sich mit den Leitern der Polizei in Verbindung, die ihm mitteilten, dass sie sehr froh darüber seien, dass mein Fall endlich zurückgerufen wurde, da sie absolut nichts gegen mich in der Hand hätten und nur auf das grüne Licht des Palastes gewartet hätten, um mich freizulassen. Da mein Vater ein hoher Beamter im Justizministerium war, beeilten sich seine Kollegen, ihm die gute Nachricht zu überbringen. Ein paar Tage später kam die offizielle schriftliche Antwort der Polizei im Justizministerium an: ,,Wir haben seit Jahren keine Informationen über Herrn Fouad Abdelmoumni und wissen nicht, wo er ist..."
Pastor Pierre Marie-Chanel Anffognong
Pierre Marie-Chanel Affognon ist togolesischer katholischer Priester und Gründer einer Bewegung, die sich für konstitutionelle, institutionelle und wahlbezogene Reformen einsetzt.
Zitat[Ich habe herausgefunden, dass ich ins Visier geriet, weil] WhatsApp mich darauf aufmerksam machte; das Citizen Lab in Kanada hat mich nach der WhatsApp-Nachricht kontaktiert und es bestätigt, die genauen Fakten über mein Privatleben sowie über das [Leben] anderer Menschen wurden kurz erwähnt.
Es ist schwierig zu beschreiben [welche Auswirkungen das Targeting auf mich hatte] und schmerzhaft, es wiederholt zu erzählen. Auf jeden Fall ist es genauso, als würde man von jemandem in der Öffentlichkeit ausgezogen, nackt ausgezogen, und man ist machtlos einer unsichtbaren Hand und einer furchterregenden gesichtslosen Macht gegenüber. Es ist auch ein enormer Schock, wenn man bedenkt, welche öffentlichen Gelder für den Erwerb der israelischen Software ausgegeben werden, während in meinem Land, Togo, überall Not herrscht.
Es ist unmöglich, in Togo Gerechtigkeit zu bekommen. Togo hat ein Regime, das auf den ersten Blick demokratisch ist. Es ist keine Gerechtigkeit möglich in dieser Angelegenheit, weil die Richter Angst haben, zu sagen, was das Gesetz ist. Aber ich, ich verlasse mich auf Gott und auf die Organisationen, die die Menschenrechte in meinem Land und international verteidigen, um diesen schwerwiegenden Abweichungen, die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zerstören, ein Ende zu setzen.
Weitere Spionagesoftware in Diktaturen gefunden
NSO ist längst nicht die einzige Firma, deren Spionagesoftware in Diktaturen gefunden wird und zur Inhaftierung von Journalist:innen führen kann. Auch Varianten der Überwachungssoftware FinSpy der deutschen Firma FinFisher GmbH wurden beispielsweise in Diktaturen wie Äthiopien oder Bahrain gefunden. Um die Software außerhalb von Europa zu verkaufen, hätte das Unternehmen eigentlich eine Einwilligung der Bundesregierung gebraucht, die gab es jedoch nicht. Derzeit laufen Ermittlungen gegen Geschäftsführer und Mitarbeiter von FinFisher wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz. Das Unternehmen bestreitet, eine Straftat begangen zu haben, sie hätten die Software nicht rechtswidrig verkauft. Der Firmensitz in München sowie eine Zweigstelle im Ausland wurden jedoch nach unserer Strafanzeige im letzten Herbst durchsucht. Ob es zu einer Anklage kommen wird, ist noch offen.
https://netzpolitik.org/2021/nso-whatsapp-hack-betroffene-von-handy-spionage-berichten/
"Vertrauen Sie denen, die nach der Wahrheit suchen, und mißtrauen Sie
denen, die sie gefunden haben."
(André Gide)

Hans

Demo-Anmeldung landet beim Geheimdienst: Der direkte Draht
Wer in Bremen eine Demo anmeldet, wird vom Ordnungsamt dem Verfassungsschutz gemeldet. Die Betroffenen werden darüber bislang nicht informiert.

BREMEN taz | Das Bremer Ordnungsamt gibt Daten von Demo­an­mel­de­r*in­nen ,,regelmäßig" an den Verfassungsschutz weiter. Das geht aus der Antwort des Bremer Senats auf eine Anfrage der Fraktion Die Linke hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wurde.
Das sei eine ,,unverhältnismäßige Einschränkung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit", sagt Nelson Janßen, der Vorsitzende und innenpolitische Sprecher der Bürgerschaftsfraktion der Linken. Wenn regelmäßig Daten von Demo­an­mel­de­r*in­nen an den Verfassungsschutz weitergeleitet werden, dann führe das zu einer Veränderung des Verhaltens, selbst wenn der Verfassungsschutz die Daten gar nicht nutzen würde. ,,Es gibt Urteile, dass selbst das Aufhängen einer Kameraattrappe ein Eingriff in Grundrechte ist, weil es das Verhalten ändert", so Janßen weiter.
Der Hintergrund: Die Fraktion der Linken hatte im Dezember vergangenen Jahres eine kleine Anfrage an den Senat gestellt. Thema war die ,,Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten bei Anmeldungen von Versammlungen". Eine Frage lautete: ,,In welchen Fällen gibt das Ordnungsamt personenbezogene Daten der An­mel­de­r*in­nen an die Polizei und/oder an andere Behörden weiter?"
Der Senat antwortete, dass das Ordnungsamt Daten von Personen, die Demonstrationen oder andere Versammlungen unter freiem Himmel anmelden, ,,in jedem Fall an den Polizeivollzugsdienst" weitergibt. Erst mal ist das verständlich, denn die Polizei muss, wenn sie bei einer Versammlung anwesend ist, ja die Möglichkeit haben, mit der Ver­samm­lungs­lei­te­r*in und der An­mel­de­r*in Kontakt aufzunehmen. In der Senatsantwort heißt es jedoch weiter: ,,Zum Zweck der Gefährdungsbewertung werden die Daten im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen regelmäßig ebenfalls an das Landesamt für Verfassungsschutz übermittelt."
Nelson Janßen, Fraktionsvorsitzender der Bremer Linken
,,Es gibt Urteile, dass selbst das Aufhängen einer Kameraattrappe ein Eingriff in Grundrechte ist"
Doch was bedeutet ,,regelmäßig"? Das findet auch Nelson Janßen unklar und meint, dass die Daten wohl ,,nicht immer, aber wahrscheinlich bei allem, was politisch angehaucht ist", weitergegeben werden. Das könne zum Beispiel bei einer Kundgebung zum Terroranschlag in Hanau der Fall sein, oder einer Demo von ,,Fridays for Future". ,,Ich weiß nicht, ob es da eine Grenze gibt und auf welcher Grundlage das weitergegeben wird", so Janßen weiter.
Aus Sicht des Senats ist die Datenweitergabe jedenfalls nötig, da nur der Verfassungsschutz mögliche Gefahren, die von der angemeldeten Demonstration oder möglichen Gegendemonstrationen ausgehen könnten, einschätzen könne. Denn ,,die Erkenntnisse über verfassungsfeindliche Bestrebungen bestehen nur dort". Allerdings ist die Gefahrenabwehr laut Gesetz eine rein polizeiliche Aufgabe. Das ergibt sich aus dem sogenannten Trennungsgebot – einem Rechtsgrundsatz, der besagt, dass die Polizei und die Nachrichtendienste unter anderem in Bezug auf ihre Aufgaben und die Datenverarbeitung getrennt sein sollen. Deshalb sei die Idee, dass man zur Einschätzung der Gefahrenlage Daten an den Inlandsgeheimdienst weitergibt, zumindest anzuzweifeln, so Nelson Janßen.
Die Linke kritisiert darüber hinaus, dass die Demo­an­mel­de­r*in­nen bisher nicht über die Datenweitergabe informiert wurden. Laut Senat soll auf dem Anmeldeformular ,,in Kürze" ein entsprechender Hinweis hinzugefügt werden.
Ein weiteres Thema ist die Dauer, für die diese Daten gespeichert werden. Bislang waren das bis zu fünf Jahre. Der Senat ,,plant" laut eigenen Angaben, die Löschungsfrist auf ,,etwa ein Jahr herabzusetzen".
Der Senat teilt auch mit, dass die Polizei in Einzelfällen auch ,,besondere Kategorien personenbezogener Daten" speichert. Darunter fallen insbesondere auch ,,ethnische Herkunft, politische Haltungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen". Dass es in Einzelfällen wichtig sein mag, welche politische Haltung oder religiöse Überzeugung eine Person hat, die eine Demo anmeldet, leuchtet ein. Anders ist das bei der diffusen Kategorie ,,ethnische Herkunft". Die Formulierung stammt aus der Datenschutzgrundverordnung ­(DSGVO), die zwischen ,,normalen Daten" – wie Name, Anschrift und Geburtsdatum – und ,,besonderen Daten" unterscheidet. Unter letztere fällt eben auch die ,,ethnische Herkunft".
Die Linke fordert ein Ende der Datensammlung
Die DSGVO listet diese zusammen mit anderen Daten auf, die sie im Gegensatz zu etwa Namen und Geburtsdaten noch mal besonders schützt. Nelson Janßen hält die Frage nach der ,,ethnischen Herkunft" trotzdem für ,,ungeeignet, um eine Gefährdungsbewertung für Versammlungen vorzunehmen".
Die Linke hält die ,,massenhafte Weitergabe persönlicher Daten an den Geheimdienst" für ,,eine Einschüchterung von Bür­ge­r:in­nen und somit eine unverhältnismäßige Einschränkung der Versammlungsfreiheit". Die Fraktion fordert deshalb, dass die Praxis ,,schnellstmöglich überprüft und beendet" wird.
Denn, so Miriam Strunge, datenschutzpolitische Sprecherin der Fraktion: ,,Wir müssen Menschen, die ihre demokratischen Grundrechte wahrnehmen und damit unsere Demokratie mit Leben füllen, unbedingt stärker vor unverhältnismäßiger Datensammelei schützen."

https://taz.de/Demo-Anmeldung-landet-beim-Geheimdienst/!5752666/
"Vertrauen Sie denen, die nach der Wahrheit suchen, und mißtrauen Sie
denen, die sie gefunden haben."
(André Gide)

Hans

Amazon baut Überwachung der Fahrer aus
25. März 2021, Florian Rötzer
Überwachungskamera mit Gesichtserkennung. Bild:
Natradyne-Video
In den Fahrzeugen in den USA werden Überwachungskameras mit Gesichtserkennung eingebaut, angeblich zur Verbesserung der Sicherheit.
Amazon hat in den USA im Februar damit begonnen, in den Lieferfahrzeugen Kameras mit vier Linsen einzubauen, mit denen Gesichtserkennung möglich wird. Kritiker nannten den Schritt als die ,,größte Erweiterung der unternehmerischen Überwachung in der Menschheitsgeschichte".  Amazon erklärt, damit ,,die Sicherheit und die Qualität der Lieferdienste" verbessern zu wollen.
 
Der Konzern zwingt nun die Fahrer – in den USA etwa 75.000 Angestellte -, für die biometrische Überwachung eine Einverständniserklärung (biometric consent) abzugeben.  Mit den Kameras von Netradyne  soll nicht nur erfasst werden, wer in den Fahrzeugen sitzt, sondern auch der Ort und die Bewegung. Zur Überwachung wird Künstliche Intelligenz eingesetzt. Dabei geht es auch darum zu erfassen, ob Fahrer unaufmerksam sind und ob sie sich an die Verkehrsregeln halten: ,,By capturing and analyzing every second of driving time, the Netradyne Driveri® dash camera provides unmatched visibility to fleet performance." Wer sich bei Amazon weigert, die biometrischen Daten erfassen zu lassen, riskiert die Entlassung, wobei die Fahrer gar nicht direkt Angestellte von Amazon sind, sondern von anderen Firmen. In einem Video von Netradyne wird ein schwarzer Fahrer gezeigt, eine weiße junge Frau erklärt, warum die Überwachung super ist.
 
Die Einverständniserklärung beinhaltet, dass die Verarbeitung von biometrischen Informationen möglich ist. Das schließt eine ,,im Fahrzeug befindliche Sicherheitskameratechnik" ein, ,,die Ihre Fotos für den Zweck sammelt, ihre Identität zu bestätigen und Sie mit dem Fahrer-Account zu verbinden". Die Technik verfolgt die Lokalisierung und die Bewegung des Fahrzeugs, auch die gefahrenen Kilometer, die Geschwindigkeit, die Beschleunigung, das Bremsen, das Wenden und die Entfernung von Fahrzeugen, denen gefolgt wird. Es wird also alles, was möglich ist, überwacht, um die Auslieferung zu ,,optimieren". Erkannt wird eben auch, wann ein Fahrer zu langsam fährt, zu lange hält, gähnt, unaufmerksam ist oder sich nicht anschnallt: totale Kontrolle, solange der Fahrer sich im Fahrzeug aufhält.
 
Die demokratischen SenatorInnen Ed Markey, Richard Blumenthal, Cory Booker, Bernie Sanders und Elizabeth Warren haben einen Brief an Jeff Bezos geschrieben, in dem die Überwachung der Fahrer kritisiert wird. Das wird Oligarch Bezos, den reichsten Mann der Welt, nicht weiter stören, der die Bildung von Gewerkschaften in seinem Konzern verhindern will. Die Senatoren sind sehr zurückhaltend gegenüber Bezos, den Besitzer der Washington Post, die eifrig gegen Donald Trump und für die Demokraten Position bezogen hat.  Man begrüße den Versuch, die Sicherheit zu fördern, aber die Überwachung könne den Druck auf die Fahrer erhöhen, die Auslieferung zu beschleunigen und damit die Sicherheit zu mindern.
https://www.buchkomplizen.de/blog/themen/amazon-baut-ueberwachung-der-fahrer-aus/
"Vertrauen Sie denen, die nach der Wahrheit suchen, und mißtrauen Sie
denen, die sie gefunden haben."
(André Gide)

Hans

[font="times new roman", "new york", times, serif]Clearingstelle "Urheberrecht im Internet" gegründet
Die erste Blume fällt aufs Grab des freien Internets
Von:
Adrian Beck
Es ist so weit, die privaten Netzsperren sind da. Seit kurzem ist die "Clearingstelle Urheberrecht im Internet" (CUII) arbeitsfähig und hat auch bereits die ersten Websites gesperrt – ohne Prozess, ohne richterliche Anordnung. Die Provider haben sich damit zum Stiefelknecht der Unterhaltungsindustrie degradiert. Die unheilige Allianz bedroht nicht nur das freie Internet, sondern unser aller Grundrechte. Ein Kommentar.
Es war abzusehen, dass 2021 ein Schlüsseljahr für die Netzfreiheit werden würde. Die Europäische Union sägt an der Verschlüsselung von Messengern, die Bundesregierung heißt Uploadfilter gut und in der Novelle des Telekommunikationsgesetzes steht plötzlich wieder diese unsägliche Vorratsdatenspeicherung drin, die von deutschen Gerichten bereits mehrfach gekippt worden ist. Außerdem haben Bundestag und Bundesrat letzte Woche weitreichende Überwachungsbefugnisse für den Bundesnachrichtendienst abgenickt.
Zu all diesen Ärgernissen gesellt sich nun auch die CUII. Was sich dieser Zusammenschluss von Providern und Rechteinhaber:innen auf die Fahne geschrieben hat, liest sich erst mal wenig bedenklich. Die CUII sei eine "unabhängige Stelle", die nach "objektiven Kriterien" prüfen würde, ob die "Sperrung des Zugangs einer strukturell urheberrechtsverletzenden Webseite rechtmäßig ist", so die Selbstdarstellung.
Ein Prozess so transparent wie Milchglas
Ein Sperrverfahren läuft folgendermaßen ab: Ein dreiköpfiger Prüfausschuss unter Vorsitz einer pensionierten Richter:in des Bundesgerichtshofs spricht auf Antrag der Rechteinhaber:innen eine Sperrempfehlung aus, welche wiederum von der Bundesnetzagentur geprüft wird. Wer in diesem Prüfausschuss sitzt, ist geheim. Sieht die Netzagentur die europäische Netzneutralitätsverordnung nicht verletzt, wird der Zugang geblockt.
Die Sperre findet dann auf der Ebene des DNS-Servers ("Domain Name System") statt. DNS-Server haben die Aufgabe, einen Domainnamen – zum Beispiel "hpd.de" – in die entsprechende IP-Adresse zu übersetzen. Die meisten Menschen benutzen standardmäßig den DNS-Server ihres jeweiligen Providers. Erkennt dieser DNS-Server den Versuch, eine Website anzusteuern, die auf der "schwarzen Liste" steht, leitet er die Anfrage direkt auf eine Sperrmeldung von CUII um.

So sieht die Sperrmeldung der CUII aus (Screenshot: https://notice.cuii.info/).
An dieser Stelle sei erwähnt, dass niemand den DNS des eigenen Providers nutzen muss. Die Umstellung ist relativ einfach. Es gibt zahlreiche zensurfreie DNS-Server, beispielsweise vom Verein Digitalcourage oder von Cloudflare.
Die CUII ist befangen, die Bundesnetzagentur zahnlos
Kommen wir nun zu den ozonlochgroßen Problemen, die das Verfahren der CUII mit sich bringt:
Erstens: Die CUII ist, entgegen eigener Bekundungen, keine unabhängige Stelle. In ihrer Konstruktion als Konglomerat privatwirtschaftlicher Akteure kann sie das per definitionem nicht sein. Rechteverwertungsgesellschaften wollen grundsätzlich präventiv sperren, denn: Ein nicht gesperrter, aber urheberrechtsverletzender Inhalt bedeutet Verluste, eine unrechtmäßige Sperrung hingegen nicht. Es liegt somit im begründeten Interesse der Mitglieder der CUII, möglichst viel zu blocken.
Erschwerend kommt hinzu, dass die CUII die Grundrechte der Nutzer:innen an keinem Punkt des Verfahrens in Betracht ziehen muss, so wie es Gerichte zu tun hätten, wenn sie über die Verhängung einer Netzsperre entscheiden. Die CUII hingegen ist lediglich ihren Mitgliedern verpflichtet und damit das genaue Gegenteil einer "unabhängigen Stelle", nämlich ein Lobbyverband.
Zweitens: Die Bundesnetzagentur ist für die ihr übertragene Prüfungsaufgabe nicht qualifiziert – mehr noch, es bahnt sich ein Interessenkonflikt an. Zentrale Aufgabe der Bundesnetzagentur ist die Regulierung der Telekommunikationsnetze und damit auch die Durchsetzung der Netzneutralität. Wie die ehemalige Europaparlamentsabgeordnete Julia Reda allerdings in einem Kommentar für netzpolitik.org anmerkt, hat die Bundesnetzagentur sich auf europäischer Ebene bereits dafür stark gemacht, DNS-Sperren generell nicht als Verletzung der Netzneutralität einzustufen. Da jeder Antrag ein Antrag auf DNS-Sperre ist, braucht es keinen Nostradamus, um vorhersehen zu können, dass die Bundesnetzagentur sich auf die Empfehlungen der CUII mehr oder weniger blind verlassen und nur im Beschwerdefall tätig werden wird.
Lex meorum est – "Das Recht ist unser"
Drittens: All das passiert ohne jedes Zutun eines Gerichts. Und das ist der Faktor, der diese Clearingstelle zu einem watergategroßen Skandal macht.
Man sollte meinen, in einem Rechtsstaat entscheidet immer noch die Justiz über die Legalität einer Website. Bisher tat sie das schließlich auch. 2014 urteilte der Europäische Gerichtshof, dass DNS-Sperren im Einzelfall zulässig sind. Im Jahr 2018 sperrte der Provider Vodafone dann in Deutschland den Zugang zum Streamingportal "kino.to", nachdem der Bundesgerichtshof dies für zulässig erklärte.
Nun kann man Netzsperren ganz grundsätzlich für Blödsinn halten und der Meinung sein, dass es viel sinnvoller ist, wirklich problematische Inhalte einfach zu löschen. Aber ein Gerichtsurteil ist ein Gerichtsurteil und das hat man zu akzeptieren – dieser Satz ist das Fundament aller im Moment existierenden demokratischen Verfassungen.
Doch beim jetzt implementierten Verfahren ist weit und breit kein Gericht in Sicht. Die Bundesnetzagentur steht allein auf verlorenem Posten und macht, gleich den Providern, einen Bückling. Wer soll uns, die Nutzer:innen, in diesem babylonischen Konstrukt noch vor einer Entfesselung der Netzsperren und den unweigerlichen, auch wirtschaftlichen, Kollateralschäden schützen?
In gewissem Sinne fungierte die Judikative auch als Schutz für die Provider, nämlich vor besonders übergriffigen Rechteverwertungsgesellschaften. Die Provider markieren den Punkt, an denen sich die Interessen von Rechteverwertungsindustrie – Prämisse: alles blocken – und Nutzer:innen – Prämisse: superfreies Internet – begegnen. An diesem Punkt brauchen sie den Schutz und die Richtungsweisung der Gerichte, um eben jene Interessen im Rahmen unternehmerischer Freiheit gegeneinander abwägen zu können. Bei einer Gruppe unbeliebte Entscheidungen müssen gegen diese erklagt und können nicht einfach oktroyiert werden.
Provider mediieren. Lehnen sie sich zu weit in Richtung der Nutzer:innen, gehen lukrative Verträge flöten. Lehnen sie sich zu weit in Richtung der Industrie, wandern Nutzer:innen zur Konkurrenz ab. Ärgerlicherweise sind nun aber sämtliche nennenswerten in Deutschland operierenden Provider Mitglied der CUII. Dieser marktwirtschaftliche Mechanismus ist damit obsolet, wir, die Verbraucher:innen, können keinen einzelnen Provider mehr mit einer Kündigung für besonders sperrwütiges Verhalten abwatschen. In diesem Sinne ist die CUII also noch mehr als ein Lobbyverband – sie fungiert als Kartell.
Beweislastumkehr
Wir summieren: Jede Organisation, die Mitglied im CUII ist, kann einen Sperrantrag für jeden beliebigen Inhalt stellen. Die Bundesnetzagentur findet DNS-Sperren ganz geil, wird also aller Wahrscheinlichkeit nach jeden dieser Anträge erstmal durchwinken. Für Nutzer:innen existiert weder ein Rechtsweg noch die Möglichkeit, ihren Dissent "über den Geldbeutel" auszudrücken. Für diesen Zustand gibt es einen Begriff: Selbstjustiz.
Sicher, wir Nutzer:innen, ebenso die Inhaber:innen von zu Unrecht gesperrten Websites, können bei der Bundesnetzagentur Beschwerde einreichen und dann wird etwas genauer hingeguckt. Auch ist der DNS-Server schnell geändert, zugegeben – aber sollten wir diese Umwege gehen müssen? Ganz sicher nicht! Diejenigen, die etwas gesperrt sehen wollen, haben die Beweislast zu tragen, sie haben den Umweg zu gehen. Urteilt ein Gericht auf Sperrung, ist das akzeptabel. Urteilt das ein undurchsichtiges, privates Gremium, ist das ein Angriff auf den Rechtsstaat, nichts anderes.[/font]


[font="times new roman", "new york", times, serif]https://hpd.de/artikel/erste-blume-faellt-aufs-grab-des-freien-internets-19158[/font]
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Hans

Von Marcel Keienborg

Versammlungsfreiheit in Bedrängnis
Ein neues Versammlungsgesetz für Nordrhein-Westfalen

In NRW gilt bislang das alte Versammlungsgesetz des Bundes. Das möchte die schwarz-gelbe Landesregierung jetzt ändern und hat einen Gesetzesentwurf für ein Versammlungsgesetz (VersG-E) für das Land vorgelegt, der drastische Verschärfungen befürchten lässt. Ein Überblick über die geplanten Änderungen.
Obwohl die Bundesländer sich seit rund 15 Jahren eigene Versammlungsgesetze geben dürfen, hatte NRW bislang, wie die meisten anderen Bundesländer auch, von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Das bestehende Gesetz ist jedoch nach Auffassung insbesondere konservativer Jurist*innen und Politiker*innen etwas in die Jahre gekommen. So sollen etwa die Regelungen zur Videoüberwachung unzureichend sein. Da der Bund für dieses Gesetz seit den sogenannten Föderalismusreformen keine Gesetzgebungskompetenz mehr besitzt, kann er es inhaltlich nicht mehr ändern. Deswegen gehen die Bundesländer vermehrt dazu über, sich eigene Versammlungsgesetze zu geben, um vermeintlich notwendige Anpassungen vorzunehmen.
Dem Entwurf ist es ein besonderes Anliegen, das Verbot der Störung von Versammlungen ,,wesentlich präziser als im bisherigen Versammlungsrecht" zu formulieren. Hierzu dient § 7 VersG-E. Dessen Absatz 1 wiederholt zunächst das allgemeine Verbot, Versammlungen zu stören, was im Kern dem bisherigen § 2 Abs. 2 VersG entspricht. Absatz 2 hingegen stellt einen kleinen, nicht abschließenden Katalog von Handlungen auf, die als Störung einer Versammlung verboten sein sollen. Dort heißt es: ,,Nach Absatz 1 ist insbesondere verboten, [...] in der Absicht, nicht verbotene Versammlungen zu verhindern oder ihre Durchführung zu vereiteln oder wesentlich zu erschweren, Handlungen vorzunehmen, die auf die Förderung von in Nummer 1 beschriebenen Handlungen gegen bevorstehende Versammlungen gerichtet sind." In der Gesetzesbegründung wird betont, dass hiermit vor allem ,,Blockadetrainings" gemeint sind. Diese seien auch bisher von verschiedenen Gerichten als rechtswidrig angesehen worden; ausgerechnet das Oberverwaltungsgericht NRW hielt sie bislang jedoch für zulässig, wie der Gesetzesbegründung entnommen werden kann. Offenbar will man das Gericht hier an die Kandare nehmen.
Die Gesetzesbegründung nennt zudem weitere Fälle, die als verbotene Störungen von Versammlungen anzusehen seien, auch wenn sie nicht ausdrücklich in jenem Katalog benannt werden: ,,Aufrufe zur Verhinderung einer Versammlung oder zu deren Blockade [...], die gezielte Anmeldung einer Gegenveranstaltung für dieselbe Zeit und denselben Ort einer Versammlung [...] und Versuche, die Anreise von Versammlungsteilnehmern zu verhindern [...]. Aufrufe zu friedlichen, die Versammlung nicht zielgerichtet behindernden Gegendemonstrationen stellen demgegenüber keinen Verstoß gegen das Störungsverbot dar."
Erschwerte Anmeldung
Versammlungen müssen nicht genehmigt werden; es reicht, wenn sie angemeldet werden, und auch das ist unter Umständen (,,Spontanversammlung") entbehrlich. Das ist eine Vorgabe der Verfassung, und daran kann auch das VersG-E nichts grundsätzlich ändern. Im Detail jedoch werden die entsprechenden Pflichten der Veranstalter*innen durchaus erheblich angehoben. Zunächst soll die Anmeldung in Zukunft ,,Anzeige" heißen, weil das juristisch präziser sei. Mag man diese Änderung noch als eine Art von Wortklauberei ohne praktische Auswirkungen verbuchen können, sieht der Entwurf jedoch auch Änderungen an Form und Frist der ,,Anzeige" gegenüber der bisherigen Anmeldung vor, die deutlich stärker ins Gewicht fallen: Das aktuell gültige Versammlungsgesetz verlangt in § 14 Abs. 1 lediglich, dass, wer die Absicht hat, eine Versammlung unter freiem Himmel zu veranstalten, dies der zuständigen Behörde 48 Stunden vor deren Bekanntgabe anzuzeigen hat, wobei keine Form vorgegeben ist. Eine telefonische Mitteilung genügt also auch. Diese Frist soll durch § 10 Abs. 1 VersG-E in dem Sinne verlängert werden, dass Wochenend- und Feiertage nicht mehr mitgezählt werden.
Wenn wer also am Dienstag nach Ostern zu einer Versammlung einladen möchte, müsste dies am Mittwoch der vorherigen Woche ,,angezeigt" werden, statt wie bisher am Ostersonntag. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass die bisherige Frist von der Polizei vielfach als zu kurz empfunden werde. Insofern muss man den Entwurf wohl als eine Art Kompromiss verstehen: Da eine grundsätzliche Verlängerung der Frist verfassungsrechtlich unzulässig sein dürfte, versucht man hier offenbar, der Polizei zumindest an Wochenenden mehr Zeit einzuräumen. Überzeugend ist das nicht. Die Fristwahrung wird im Vergleich zur bisher geltenden Rechtslage durchaus erheblich erschwert.
Selbst wenn man den Bedürfnissen der Polizei angemessen Rechnung tragen möchte, ist zweifelhaft, ob diese Art der Fristverlängerung hier einen erheblichen Nutzen bringt. Vor allem aber ist zweifelhaft, ob man hier überhaupt auf die Bedürfnisse der Polizei Rücksicht nehmen muss. Schließlich leistet sich das Land NRW, wie alle anderen Länder und auch der Bund, für viel Geld einen großen Polizeiapparat, dessen Aufgabe eben gerade darin besteht, die öffentliche Sicherheit zu schützen und dabei auch kurzfristig auf unvorhergesehene Lagen zu reagieren. Zudem soll die Anmeldung nur noch ,,schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift" (persönlich bei der Polizei erscheinen und die ,,Anzeige" dort zu Protokoll geben) möglich sein.
§ 10 Abs. 2 VersG-E bestimmt inhaltliche Mindestanforderungen an die Anzeige: Sie ,,muss den geplanten Ablauf der Versammlung nach erwarteter Teilnehmerzahl, Ort, Zeit und Thema bezeichnen, bei Aufzügen auch den beabsichtigten Streckenverlauf. Sie muss Namen, telefonische Erreichbarkeit und eine für den Schriftverkehr mit der zuständigen Behörde geeignete Anschrift der anzeigenden Person und der Person, die sie leiten soll, enthalten." Das ist insofern eine Verschärfung, als nach § 14 Abs. 2 VersG bisher lediglich Angaben zur Person der Versammlungsleitung notwendig waren. In der Praxis relativiert sich dieser Effekt freilich insofern, als die Polizei die entsprechenden Daten auch in der bisherigen Praxis spätestens im sogenannten Kooperationsgespräch abfragt. Dennoch steht zu befürchten, dass alleine die gesetzliche Verpflichtung zur Mitteilung dieser Daten einen abschreckenden Effekt haben könnte.
Eher positiv zu vermerken sind hingegen § 10 Abs. 3 und 4 des Entwurfs: Hier werden jetzt auch Eil- und Spontanversammlungen als Sonderfälle, in denen die Frist zur Anzeige unterschritten werden darf (Eilversammlung, Abs. 3) oder die Anzeige sogar ganz entbehrlich ist (Spontanversammlung, Abs. 4), anerkannt. Bisher waren diese Fälle wegen des Schutzes der Versammlungsfreiheit durch das Grundgesetz anerkannt, standen aber dem Wortlaut des VersG entgegen. Spontanversammlungen auch im Gesetz anzuerkennen, ist eine durchaus sinnvolle Klarstellung. Eine positiv zu vermerkende Klarstellung enthält § 21 VersG-E zu ,,öffentlichen Flächen im Privateigentum". Auch dort sind Versammlungen prinzipiell zulässig. Das bedeutet praktisch, dass auch etwa im Terminal des Düsseldorfer Flughafens demonstriert werden darf, obwohl die Räumlichkeiten einer privatrechtlich organisierten Betreibergesellschaft gehören. Auch das ist in der Sache nicht neu, wird jedoch erstmals gesetzlich verankert.
Ordnung muss sein
Bisher hatte die Polizei lediglich das Recht, die Anzahl der Ordner*innen bei der Versammlungsleitung zu erfragen und sie zu beschränken (§ 9 Abs. 2 VersG). Die praktische Bedeutung dieser Vorschrift hielt sich eher in Grenzen, weil Ordner*innen ja häufig überhaupt erst auf Verlangen der Behörde eingesetzt werden und die Behörde dabei regelmäßig auch die Anzahl bestimmt, so dass es praktisch eher andersherum läuft. Auch kommt es gelegentlich durchaus vor, dass die Polizei nach Namenslisten der Ordner*innen fragt.
Gegen ein solches Ansinnen kann man sich bislang jedoch recht gut zur Wehr setzen, da es einer gesetzlichen Grundlage entbehrt. Nun ist der Datenschutz Polizeibehörden bekanntlich häufig ein Dorn im Auge. § 12 Abs. 2 VersG-E soll daher eine gesetzliche Grundlage schaffen, aufgrund derer Namen und Adressen der vorgesehenen Ordner*innen mitgeteilt werden müssen. Weiter soll die Polizei unter Umständen auch befugt sein, Ordner*innen als ungeeignet abzulehnen.
§ 6 Abs. 4 VersG-E gestattet der Versammlungsleitung, Personen von der Versammlung auszuschließen. Dies durfte bei Versammlungen unter freiem Himmel bislang nur die Polizei (vgl. LOTTA #54, S. 62 f). Da hier weiterhin die Zustimmung der Polizei erforderlich sein wird, wird sich letztlich wahrscheinlich nicht viel ändern.
Aufnahme und Aufzeichnung
Ein schon bisher heftig umstrittenes, im VersG nicht klar geregeltes Thema war die Frage nach polizeilichen Video- und Audioaufnahmen bei Versammlungen. Der Entwurf versteht unter einer Aufnahme eine Übertragung von einer Kamera zu einem Monitor. Wird die Aufnahme gespeichert, wird sie zu einer Aufzeichnung. Der Entwurf setzt die Hürden für eine Aufnahme denkbar niedrig an. Sie soll zur ,,Lenkung und Leitung des Polizeieinsatzes" möglich sein, sobald ,,dies wegen der Größe oder Unübersichtlichkeit der Versammlung im Einzelfall erforderlich ist". Da sich diese Erfordernis wahrscheinlich bei nahezu jeder nicht nur ganz kleinen Versammlung begründen lassen wird, steht die Befürchtung im Raum, dass Aufnahmen von Versammlungen unter freiem Himmel nahezu schrankenlos möglich sein werden. Zwar geht damit noch keine Befugnis zu einer Aufzeichnung einher, allerdings ist für die Teilnehmer*innen der Versammlung nicht ohne Weiteres zu erkennen, ob sie ,,nur" aufgenommen oder auch aufgezeichnet werden. Daher können auch derartige Aufnahmen abschreckend wirken und sind daher bedenklich. Zumindest ergibt sich aus dem Entwurf, dass die Versammlungsleitung über derartige Aufnahmen informiert werden muss.
Militanzverbot
Ein besonderes Anliegen ist dem Gesetzgeber das Militanzverbot in § 18 VersG-E, das als Weiterentwicklung des Uniformverbotes in § 3 VersG verstanden wird. Die Frage, was als ,,Uniform" in diesem Sinne zu verstehen ist, gehört seit Jahren zu den umstrittensten Fragen im Versammlungsrecht (vgl. LOTTA #55, S. 62 f). In einem Beschluss vom April 2020 hatte der Bundesgerichtshof etwa das Tragen oranger Warnwesten mit der Aufschrift ,,Shariah Police" als Verletzung des Uniformverbots angesehen, da dies im konkreten Fall einschüchternd gewirkt habe.
Nach der Gesetzesbegründung sollten Demonstrationen mit ,,suggestiv-militante[r] Einschüchterungswirkung" unterbunden werden. In diesem Zusammenhang verweist sie ausdrücklich auf den ,,Schwarze[n] Block" und die Overalls, die bei ,,Garzweiler-Demonstrationen" getragen worden seien. Schon diese Auswahl an Beispielen lässt nichts Gutes befürchten. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass hier eine Grundlage geschaffen werden soll, um gerade auch linke und antifaschistische Demonstrationen kriminalisieren zu können.
Ausblick
Der nordrhein-westfälische Landtag hat den Gesetzesentwurf zunächst zur weiteren Beratung in seine Ausschüsse verwiesen. Es wird voraussichtlich noch einige Monate dauern, bis endgültig über den Entwurf entschieden wird. Vielerorts in NRW formiert sich bereits Widerstand gegen das Vorhaben. Wer sich gegen Einschränkungen des Versammlungsrechts zur Wehr setzen möchte, findet sicher auch in der Nähe ein geeignetes Bündnis.
http://www.lotta-magazin.de/ausgabe/82/versammlungsfreiheit-bedr-ngnis
"Vertrauen Sie denen, die nach der Wahrheit suchen, und mißtrauen Sie
denen, die sie gefunden haben."
(André Gide)

Hans

DesinformationYoutube löscht Kanal von Stuttgarter Querdenkern
Die Erfinder der Querdenker-Bewegung haben mit Youtube einen wichtigen Verbreitungsweg verloren. Das Unternehmen löschte den Kanal nach einer Verwarnung.
26.05.2021 um 15:29 Uhr - Markus Reuter 

Michael Ballwegs Reichweite ist in Zukunft vor allem auf Demonstrationsbühnen beschränkt. – CC-BY-NC 2.0 Kai Schwerdt
Youtube hat heute den Kanal von ,,Querdenken 711" wegen der Verbreitung von Falschinformationen gelöscht. Das berichten mehrere Medien und beklagt die Querdenken-Initiative von Michael Ballweg in einer Pressemitteilung.
Gegenüber der dpa sagte ein Sprecher von Youtube, dass ,,Querdenken 711" in einem ersten Schritt wegen des Hochladens von Inhalten, die gegen die Youtube-Richtlinien für Fehlinformationen verstoßen hätten, abgemahnt worden sei. Youtube sperrte dann den Kanal so, dass die Querdenker keine neuen Videos mehr hochladen konnten. Um das zu umgehen, schufen sie einen zweiten Kanal. ,,Während dieser Suspendierung versuchten sie, die Vollstreckung zu umgehen, indem sie einen anderen Kanal benutzten, und als Ergebnis wurden beide Kanäle gelöscht", zitiert die Stuttgarter Zeitung den Unternehmenssprecher.
75.000 Abonnenten
Der Kanal von ,,Querdenken 711" hatte rund 75.000 Abonnenten. Laut der Pressemitteilung von Querdenken hatte sich die verschwörungsideologische Protestbewegung Ende 2020 mehrfach gegen die Löschung einzelner YouTube-Videos mit anwaltlicher Unterstützung erfolgreich gewehrt. Alle Klagen gegen YouTube gegen die willkürlichen Löschungen seien bis dato erfolgreich gewesen. Nun will sich Querdenken für die Schaffung einer dezentralen Videoplattform einsetzen.
Der Stuttgarter Ableger von Querdenken spielt eine zentrale Rolle in der Szene. Mit undurchsichtigen Methoden sammelten die Stuttgarter Querdenker rund um den Michael Ballweg Spenden und drückten der verschwörungsideologischen Bewegung ihren Stempel auf.
Absteigender Ast
In den letzten zwölf Monaten gelang es den Querdenkern immer wieder, tausende Menschen auf die Straße zu bringen, unter ihnen auch zahlreiche Rechtsextreme und Antisemiten. Die Querdenken-Bewegung wird mittlerweile in einigen Bundesländern und im Bund vom Verfassungsschutz beobachtet.
Der letzte große Mobilisierungsversuch der Szene an Pfingsten in Berlin fand kaum noch Zuspruch, er könnte den Anfang vom Ende der Bewegung einläuten. Die Mobilisierungskraft dürfte sich mit sinkenden Inzidenzen, steigenden Impfquoten und damit verbundenen Rücknahmen von Grundrechtseinschränkungen noch weiter abschwächen.
https://netzpolitik.org/2021/desinformation-youtube-loescht-kanal-von-stuttgarter-querdenkern/
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Hans

Wenn Landesmedienanstalten Medien öffentlich an den Pranger stellen
28. Mai 2021 um 12:00 Ein Artikel von: Redaktion
Wie weit gehen mittlerweile Zensurmaßnahmen im Netz? Die alternative Medienplattform KenFM wird nun vom Verfassungsschutz beobachtet und der Medienstaatsvertrag, der seit November 2020 in Kraft ist, erlaubt es Landesmedienanstalten, Online-Medien zu beaufsichtigen. Verfahren laufen bereits. Der Anwalt Markus Kompa vertritt einen Blogger, gegen den eine Landesmedienanstalt vorgeht. Im Interview mit den NachDenkSeiten spricht Kompa von einer ,,politischen Motivation" der Landesmedienanstalten. ,,Im Internet", so Kompa, seien wir jetzt ,,in der Zeit vor dem preußischen Reichspreßgesetz von 1874, das die Presse vor polizeilichen Eingriffen schützen sollte." Von Marcus Klöckner.

Herr Kompa, Landesmedienanstalten mahnen plötzlich Blogger an. Was ist da los?
Mit Inkrafttreten des Medienstaatsvertrags sind die ursprünglich zur Kontrolle des privaten Rundfunks aufgebauten Landesmedienanstalten berechtigt, journalistisch-redaktionell gestaltete Telemedien, in denen regelmäßig Nachrichten oder politische Informationen enthalten sind, zu beaufsichtigen und ggf. zu sperren. In den bislang bekannten Schreiben beanstanden die Landesmedienanstalten bestimmte Äußerungen und fordern für diese unter Fristsetzung Belege.
Den neuen Medienstaatsvertrag gibt es seit November 2020.
Was genau ist da nun neu geregelt?
Nach § 19 MStV sollen journalistisch-redaktionell gestaltete Internetangebote – etwa auch private Blogs – anerkannten journalistischen Grundsätzen Rechnung tragen. Nachrichten sind vom Anbieter vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Inhalt, Herkunft und Wahrheit zu prüfen – was konventionelle Presse und Rundfunkanbieter nicht ernsthaft müssen.
Journalisten sind aber doch zu einer wahrheitsgemäßen Berichterstattung verpflichtet.
Nein. In den meisten Landespressegesetzen steht zwar eine Verpflichtung zur Wahrheit drin, jedoch ohne Sanktion. Das ist ein unverbindliches Motto für Sonntagsreden. In § 109 MStV jedoch wird den Landesmedienanstalten die Macht zuerkannt, Inhalte oder ganze Angebote zu sperren.
Wie erklären Sie sich diese Neuerungen? Was ist die Absicht?
Hintergrund ist die Befürchtung, dass die öffentliche Meinungsbildung etwa vor Wahlen durch Fake News, Mythenbildung und aus dem Ausland lancierte Desinformationskampagnen manipuliert werden könnte. Ein Teil des politischen Spektrums, das sich von den Medien geschnitten sieht, informiert sich primär im Netz. Seit das Rezo-Video die Europawahl 2019 in Deutschland mehr beeinflusst haben dürfte als konventionelle Medienhäuser, sieht die etablierte Politik Handlungsbedarf.
Was heißt das denn nun konkret?
Die in politischer Hinsicht bislang unregulierte Meinungs- bzw. Medienfreiheit wird erstmals seit 1949 durch den Staat spezifisch beschnitten. Anbieter alternativer Medien mit Sitz in Deutschland – z.B. die NachDenkSeiten – können sich dieser Aufsicht nur entziehen, wenn sie sich – kostenpflichtig – dem Pressekodex des Deutschen Presserats oder einer vergleichbaren Organisation unterwerfen. Ansonsten muss man nunmehr so schreiben, dass es mutmaßlich den Landesmedienanstalten nicht missfällt.
Vertreten Sie selbst entsprechende Fälle?
Ich vertrete den Fall eines privaten Feierabendbloggers, der das Weltgeschehen ohne kommerzielle oder parteipolitische Interessen kommentiert und aktuell gegängelt wird. Der besteht allerdings auf seinem verfassungsmäßigen Rechten aus Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes und wird sich auch nicht dem von der Verlegerlobby betriebenen Presserat unterwerfen, weil er mit dem mal schlechte Erfahrungen machte. Von einem Presserat, der offensichtlich unwahre Kriegspropaganda eines großen Medienhauses nicht beanstandet, lässt der Blogger sich keine Belehrungen erteilen.

Würden Sie uns bitte schildern, was genau die Landesmedienanstalten bezüglich Ihrer Klienten anmahnen?
Zu laufenden Verfahren möchte ich mich nicht inhaltlich äußern. Erstaunlich ist allerdings, dass sämtliche mir bekannten Beanstandungen nicht etwa unwahre Behauptungen über Tatsachen betreffen, sondern subjektive Meinungsäußerungen. Meinungen haben aber mit journalistischen Sorgfaltspflichten grundsätzlich nichts zu tun, sondern sind subjektive Bewertungen. Die Beanstandungen sind in den mir bekannten Fällen evident unberechtigt und – was schwerer wiegt – bereits juristisch inkompetent. Dem Vorgehen steht die Verfassungswidrigkeit auf die Stirn geschrieben.
Was mahnen Sie noch an?
Das Verfahren ist völlig diffus. Anscheinend glauben die Landesmedienanstalten, dass Blogger die Beweislast für ,,Wahrheiten" träfe, was insbesondere bei Meinungen sinnlos ist. Normalerweise trägt vor Gericht immer der Kläger die Beweislast. Im Bereich von Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch üble Nachrede gibt es in § 186 StGB eine Beweislastumkehr, aber das gilt nur zugunsten des Betroffenen. Die Landesmedienanstalten jedoch fordern von Bloggern Allwissenheit bzw. beanspruchen selbst eine solche. Seltsam ist die Aufforderung zum Einreichen von Quellen auch deshalb, weil konventionelle Journalisten im Gegenteil Quellenschutz beanspruchen und sogar vor Gericht Zeugnisverweigerungsrechte genießen.
Wie sieht Ihre Einschätzung aus? Haben die Landesmedienanstalten zu Recht interveniert?
Ich kann mir gut vorstellen, dass gegenüber Anbietern im rechtsextremen Spektrum tatsächlich Lügen beanstandet wurden, denn daran herrscht leider kein Mangel. Bei den mir bekannten Schreiben jedoch ist das nicht ansatzweise der Fall. Sehr befremdlich ist, dass die Landesmedienanstalten einige beanstandete Medien bereits öffentlich an den Pranger gestellt haben, ohne diese vorher anzuhören. Offensichtlich ist ausgerechnet dort unbekannt, dass Vorverurteilung diametral gegen journalistische Sorgfaltspflichten verstößt. Hier gärtnern also Böcke.
Wenn wir über diese Beispiele reden, kommen wir nicht drumherum, auch die Diskussion um Fake News und Hatespeech mit einzubeziehen. Das Ganze ist hochpolitisch. Sehen Sie das anders?
Nein. Zuerst hatte man den Plattformbetreibern Haftung auferlegt, was bei evidenten Falschmeldungen ja grundsätzlich auch Sinn macht – aber zu Overblocking und Selbstzensur führt. Nun geht man Private an, was erstaunlich willkürlich geschieht. Da die mir vorliegenden Beanstandungen unqualifiziert sind, habe ich mal einen Blick auf das Personal der Landesmedienanstalten geworfen. Da rekrutiert man nur im Ausnahmefall vom Fach, wichtig ist da vor allem wohl das richtige Parteibuch. Ich sage mal so: Wenn man privaten Informationsanbietern Wahrheitspflichten auferlegt, müsste man auch solche angreifen, die sich zu Homöopathie, Religionen oder Kriegspropaganda bekennen, denn die werden ihre ,,Wahrheiten" nicht belegen können. Die sind aber wohl nicht im Visier der Landesmedienanstalten.
Es gibt bei uns in Deutschland eine Pressefreiheit. Die Einschränkungen sind ziemlich überschaubar. Würden Sie uns bitte schildern, wo die Grenzen liegen?
Die Presse ist von staatlicher Kontrolle frei, es gibt in politischer Hinsicht keine Aufsichtsbehörde oder Berufsrecht. Ausnahmen gibt es im Bereich des Jugendschutzes, im Werberecht sowie im Strafrecht, etwa bei Volksverhetzung. Außerdem haben Betroffene das gesetzliche Recht auf Abdruck einer Gegendarstellung. Wer in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt wird, kann privatrechtlich auf Unterlassung und Schadensersatz etc. klagen, was den Staat aber nichts angeht. Im Rundfunkbereich haben wir eine indirekte Kontrolle, die vor allem die Unabhängigkeit und Meinungsvielfalt gewährleisten soll. Politische Meinungspolizei gibt es bei konventionellen Medien nicht.
Und nun, wie sieht es nun mit den Interventionen der Landesmedienanstalten aus? Sehen Sie die Pressefreiheit aufgeweicht?
,,Pressefreiheit" betrifft im engeren Sinne nur die gedruckte Presse, für die es nach wie vor keine Behörde gibt. Die Medienfreiheit und die Meinungsfreiheit des Einzelnen im Internet wird durch §§ 19, 109 MStV erstmals seit dem 23.05.1949 direkt durch den Staat angefasst und eine Selbstzensur induziert. Das widerspricht dem bislang liberalen Verständnis von Medienfreiheit. Das Ergebnis, private Blogger für angebliche Sorgfaltsverstöße existentiell zu sanktionieren, während professionelle Journalisten nach wie vor fröhlich Futter für das BILDblog produzieren, ist unbefriedigend.
Das Problem liegt also darin, dass ,,inhaltlich" eingegriffen wird?
Ja. Theoretisch könnte eine solche Behörde seriös mit Beamten mit Befähigung zum Richteramt besetzt werden, welche den Parteien gegenüber neutral eingestellt sind und geltendes Verfassungsrecht im Auge haben. Die mir bekannten Arbeitsproben schließen solche Professionalität schon im Ansatz aus und sind erkennbar politisch motiviert. Verfassungsrechtlich ist das klar unzulässig. Wir sind jetzt im Internet in der Zeit vor dem preußischen Reichspreßgesetz von 1874, das die Presse vor polizeilichen Eingriffen schützen sollte.
Welche Möglichkeiten haben die Betroffenen?
Wenn Blogger mit Sitz in Deutschland sich dem Damoklesschwert einer Sperrverfügung entziehen wollen, können sie sich derzeit nur dem Deutschen Presserat unterwerfen. Wenn man vom Presserat akzeptiert wird, kann man sich nach § 19 MStV von der Zuständigkeit der Landesmedienanstalt freikaufen. Der Deutsche Presserat ist ein von den großen Verlagen in den 1950er Jahren aufgezogener privater Verein, der die Pressefreiheit schon deshalb sehr hochhält, weil über Beanstandungen nur Journalisten und Verlagsmitarbeiter zu entscheiden haben. Die können auch niemanden sperren, sondern nur Beanstandungen und Rügen aussprechen, die man lächelnd ignorieren kann. Dass Privatleute mehr oder weniger gezwungen werden, für die aktive Ausübung ihrer Meinungsfreiheit irgendwelche Jahresgebühren zwischen 100,- € und 10.000,- € zu bezahlen, ist international vermutlich so beispiellos wie der Rundfunkbeitrag. In Zukunft wird sich wohl ein alternativer Internetrat formieren, der aber von den Landesmedienanstalten erst einmal anerkannt werden muss.
https://www.nachdenkseiten.de/?p=72874
"Vertrauen Sie denen, die nach der Wahrheit suchen, und mißtrauen Sie
denen, die sie gefunden haben."
(André Gide)

Hans

Der Polizeistaat
"Der Polizeistaat ist die höchste Form der organisierten Kriminalität"
Klaus Madersbacher
 
Was soll der Polizeistaat mit der Titanic zu tun haben? Ist das nicht ziemlich überspannt und schon fast eine Verschwörungstheorie?
In der Tat bestehen nicht viele Gemeinsamkeiten zwischen den beiden, abgesehen von einer: bei beiden spielt der Untergang eine zentrale Rolle.
Aber noch sind wir nicht so weit. Am Ende ist´s wieder nur so ein Annäherungsversuch ... *
Auf der Google-Suche nach obigem Satz (meiner Originalkreation) sieß ich auf folgendes:
ZitatDie bundesweite Gemeinsame Arbeitsgruppe Justiz/Polizei (GAG) hat im Mai 1990 die folgende Definition "Organisierte Kriminalität" entwickelt:
"Organisierte Kriminalität ist die von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte, planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig
a) unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen
b) unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder
c) unter Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft zusammenwirken."
Lassen wir das einmal auf uns einwirken ...
Die Polizei ist ein Instrument der Zivilgesellschaft, das für das mehr oder weniger friedliche Zusammenleben der Bürger sorgt, im Normalfall mit friedlichen Mitteln. Sollte mit friedlichen Mitteln kein Erfolg herbeizuführen und die Anwendung von Gewalt erforderlich sein, so verfügt die Polizei über das "Gewaltmonopol", das heißt, dass sie zu entsprechenden mit Gewalt verbundenen Maßnahmen greifen darf/muss, um eine Situation in einen friedlichen Zustand zurückzuführen.
Nun, das klingt ja edel, hilfreich und gut.
Wenn ich mir da den Polizisten aus früheren Tagen, mit grüner Uniformjacke und Amtskappel ("Schutzmann" sagte man damals, und "Freund und Helfer") vor Augen halte und mit den in Schlägeroutfit gekleideten offenbar stets gewaltbereiten Menschen unserer Tage vergleiche, dann hat sich da offensichtlich einiges getan.
Schon immer hat mich gestört, wenn zum Beispiel nach einem Rockkonzert auf einmal eine Schwadron schwer armierter Polizei da war, um - nun wen? - zu schützen. Oder wenn Demonstrationen von mit Blaulichtgeflacker und für alle Eventualitäten/Brutalitäten bereiten Einsatzkräften unter Kontrolle zu halten versucht wurden. Oder nehmen wir das widerliche Auftreten staatlicher Schlägerhorden gegen die "Gelbwesten" in Frankreich, das von "unseren" Sudelmedien als keineswegs hinterfragenswert betrachtet wird, man hat dort ja eine Demokratie, keine Frage! Ähnlich widerliches Auftreten gegen die eigenen Bürger gibt´s natürlich nicht nur in Frankreich, auch Deutsche und Österreicher kennen das. Zum Beispiel total schockierte Kinder, die nach einer Polizeibehandlung im Rahmen einer Sicherheitskonferenz in München in die friedlichen Tiroler Berge zurückkamen.
Bemerkenswert die Äußerung eines bei dem österreichischen Tierschützerprozess -
einer Verhöhnung der Rechtsstaatlichkeit der Sonderklasse (> LINK) - zum Handkuss gekommenen Tiroler Künstlers, welcher der Hoffnung Ausdruck verlieh, dass es in diesem Land keine Kinder mehr geben möge, denen "die österreichische Polizei so wie seinen Kindern die Spielsachen kaputt macht."
Spielsachen haben in unserem Wertesystem keinen Stellenwert, werden die Experten vielleicht sagen, mitsamt den Verkündern ihrer Weisheiten.
Eine Polizei, die im Verlauf eines nächtlichen Überfalls Eltern und Kinder aus den Betten jagt und die Wohnung auf den Kopf stellt und die Spielsachen der Kinder kaputtmacht, und eine Justiz, die das gutheißt und so tut, als wäre nix gewesen, was signalisieren die?
Die signalisieren, dass das hierzulande im Herzen der europäischen Wertegemeinschaft möglich ist und straf- und folgenfrei betrieben werden darf.
Wie so viele andere Dinge, die öffentlich bekannt sind und wo gar nix passiert. Etwa weil der Staatsanwalt nix davon weiß? Nix davon erfährt? Weil er keine Zeitung liest oder so?
Wie auch immer - so lange jeder Hendldieb mit der vollen Strenge des Gesetzes verfolgt und bestraft wird, so lange werden die Knechte in den Redaktionsstuben in die Welt hinaus posaunen und Hinz und Kunz glauben, dass der Rechtsstaat in Ordnung ist. So lange der Ausländer unter der gestrengen Hand der Behörde geknechtet wird, so lange ist das Sicherheitsgefühl im grünen Bereich. Die Schreibtischheinis in den Ämtern werden schon wissen, was sich gehört und was nicht, die schauen auf uns und sorgen für unser Wohl, ...
"Bei uns herrschen Demokratie und Freiheit, und für die, die das nicht glauben, haben wir die Polizei," so Dr. Joschi Friedler, Kommunist und Kämpfer in der französischen Resistance, den kennenzulernen ich vor langer Zeit die Ehre hatte.
Kurz gesagt/gefragt: leben wir in einem Rechtsstaat?
Rechtsstaat heißt, dass das Recht, also Verfassung und Gesetze an oberster Stelle stehen müssen. Daran gibt es nix herumzudeuteln.
Wenn nun Polizei, Justiz oder andere Teile des "Tiefen Staates" gegen Verfassung und Gesetze verstoßen, ohne dass das negative Folgen für sie selbst hat, sprich Bestrafung für die Täter nach sich zieht, dann hat das mit Rechtsstaat nix zu tun.
In diesem Sinn könnten wir darüber philosophieren oder besser gesagt Sophisterei betreiben, wo genau die Grenzen zu ziehen sind zwischen Rechtsstaat und Polizeistaat, aber ich sehe da nur eine Grenze.
Entweder es ist ein Rechtsstaat oder es es keiner. Vielleicht ist es noch kein Polizeistaat mit all seinen Ungeheuerlichkeiten, aber es ist kein Rechtsstaat, wenn Verstöße gegen Verfassung und Gesetze durch staatliche Einrichtungen toleriert werden.
Wir Österreicher/Deutsche müssen nicht weit in die Geschichte zurückblicken, um zum Polizeistaat zum Anfassen zu kommen, sei er katholisch-faschistisch oder "nazionalsozialistisch". Die Ermordeten kommen nur selten zum Wort, die Mörder und Mitmacher und ihre Epigonen sind offenbar nach wie vor die bestimmenden Elemente und werden es offensichtlich immer mehr. Blau, braun, türkis, schwarz - man kann sich die Farbe aussuchen. Wieviel braun in rot und grün mutiert ist, weiß man nicht genau, jedenfalls ist braun oft auch dort vertreten, wo man angeblich dagegen ist. Naziverseuchte kulturelle Wüsten bilden einen Großteil dessen, was uns unsere Vorfahren hinterlassen haben.
Nun will ich hier nicht herumweinen, wie arm wir sind, weil unsere Nazivorfahren uns nur Scheiße hinterlassen haben, das wäre wohl viel zu billig. Immerhin weise ich darauf hin, dass ein wesentlicher Teil unseres kulturellen Erbes/Verständnisses auf einer "Kultur" beruht, die die Vernichtung "unwerten Lebens", "unwerter Rassen" und von "Untermenschen" aller Art als dringend erforderlich und durchaus berechtigt erachtet hat.
Die "Erfolge" dieser "Kultur" sind überschaubar: Tod und Vernichtung zuerst für die "Untermenschen", dann für die "Herrenrasse" selbst.
Anstatt darüber "trefflich zu streiten" lasse ich lieber die Titanic auftreten, noch majestätisch unterwegs im kalten Ozean. Alles unter Kontrolle - vermeintlich - aber wie ging es weiter?
Nun, nicht viel anders wie mit den vielen Polizeistaaten, die unsere Geschichte und Gegenwart aufzuweisen hat, die nach einer bestimmten Ablaufzeit untergehen mussten, weil der Polizeistaat einfach kein lebensfähiges politisches System ist. Ein feuchter Traum der herrschenden parasitären "Eliten" und ihrer Schergen, mehr nicht.
http://www.antikrieg.eu/aktuell/2021_06_04_derpolizeistaat.htm
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Hans

USA: TikTok will biometrische Daten inklusive Stimmenausdrücke sammeln
TikTok behält sich in seiner neuen US-Datenschutzerklärung vor, biometrische Merkmale wie "Gesichts- und Stimmenausdrücke" aus Nutzerinhalten zu erfassen.
16:24 Uhr
Von
  • Stefan Krempl

In seine Datenschutzerklärung für Nutzer mit Hauptwohnsitz in den USA hat TikTok mit einem Update vom Mittwoch eine Klausel eingefügt, wonach der Betreiber sensible Daten rund um Körpermerkmale von Mitgliedern erheben, speichern und auswerten will. In der neuen Klausel heißt es: "Wir können biometrische Identifikatoren und biometrische Informationen wie Gesichts- und Stimmenausdrücke nach Maßgabe von US-Gesetzen von Ihren Nutzerinhalten sammeln. Wo dies gesetzlich vorgeschrieben ist, werden wir vor einer solchen Erfassung alle erforderlichen Genehmigungen von Ihnen einholen."
"Mehr Klarheit schaffen" – aber keine Details benannt
Wozu TikTok diese Daten braucht, geht nicht aus dem Absatz hervor. Die Begriffe "Gesichtsausdrücke" und "Stimmenausdrücke" werden zudem nicht näher definiert. Ferner bleibt unklar, wie und in welchen Fällen der Betreiber des sozialen Netzwerks sich Einwilligungen der Betroffenen beschaffen will. Der Verweis auf bestehende gesetzliche Vorgaben bleibt ebenfalls vage. Bisher haben nur eine Handvoll US-Bundesstaaten wie Illinois, Washington, Kalifornien, Texas und New York spezielle Datenschutzgesetze für den Bereich Biometrie.
Gegenüber dem US-Magazin "TechCrunch" konnte ein Sprecher von TikTok zunächst keine weiteren Details zu den Plänen des Unternehmens für die Erfassung biometrischer Daten nennen. Offen bleib auch, ob und wie diese in aktuelle oder künftige Produkte eingebunden werden sollten. Von dem Konzern hieß es nur: "Als Teil unseres kontinuierlichen Engagements für Transparenz haben wir kürzlich unsere Datenschutzrichtlinien aktualisiert, um mehr Klarheit über die Informationen zu schaffen, die wir sammeln können."
Reaktion auf Sammelklage
In einer Erläuterung zu dem Update selbst ist zu lesen, dass es um Klarstellungen etwa "in Bezug auf die Erfassung von Benutzerinhaltsinformationen, die Verwendung von Daten zur Überprüfung, werbebezogene Auswahlmöglichkeiten, die gemeinsame Nutzung von Daten mit Diensten Dritter und Praktiken zur Datenspeicherung/-verarbeitung" gehe.
Offenbar reagiert TikTok mit dem US-Update auf eine Sammelklage gegen den Konzern wegen der Verletzung des Biometric Information Privacy Act von Illinois, der mit einem Vergleich in Höhe von 92 Millionen US-Dollar endete. Umfasst waren über 20 separate Fälle, mit denen sich Nutzer gegen das Sammeln und die Weitergabe persönlicher biometrischer Informationen durch die Plattform ohne ihre Zustimmung wehrten. Konkret ging es dabei etwa um den Einsatz automatisierter Gesichtserkennung für spezielle Filtereffekte. Das Rechtsteam von TikTok will sich mit der Ergänzung wohl gegen künftige Klagen absichern.
Automatisch gesammelte Informationen
Die kurze Passage findet sich im neu hinzugefügten Abschnitt "Bild- und Audioinformationen" unter der Überschrift "Informationen, die wir automatisch sammeln". In der Datenschutzerklärung für den Europäischen Wirtschaftsraum inklusive der EU sowie für Großbritannien und die Schweiz ist sie genauso wenig enthalten wie in deren deutscher Version. Die jüngsten Aktualisierungen erfolgten hier im Juli 2020. In der EU gelten biometrische Merkmale laut der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) als besonders sensible Informationen, die speziell geschützt werden müssen.
Im ersten Teil des neuen Abschnitts wird erklärt, dass TikTok Informationen über Bilder und Audioaufnahmen sammeln kann etwa zur Identifizierung der erkennbaren Objekte und der Landschaft sowie von Gesichts- und Körpermerkmalen und zugehörigen Attributen. Das hört sich bereits recht weitgehend an, auch andere soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram wenden aber entsprechende Erkennungstechniken an. Sie sollen unter anderem dabei helfen, gesprochene Worte in Text zu verwandeln und automatische Bildunterschriften zu erstellen.
Umfangreiche persönliche Daten erhoben
Insgesamt sammelt TikTok über die App umfangreiche persönliche Daten über Nutzer, wie aus anderen Teilen der "Privacy Policy" hervorgeht. Dazu gehören etwa auch Standortinformationen und IP-Adressen sowie detaillierte Angaben zu den verwendeten Geräten. Ein neuer Einschub verweist auf die E-Commerce-Ambitionen des Betreibers, in einem anderen geht es um Anpassungen an die neuen Tracking-Bestimmungen von Apple bei personalisierter Werbung. In diesen Bereichen dürfte auch die europäische Datenschutzerklärung bald aufgefrischt werden.
Der frühere US-Präsident Donald Trump hatte vergeblich versucht, den Betrieb von TikTok in den USA zu verbieten. Er sah in der App eine Bedrohung der nationalen Sicherheit, weil sie dem chinesischen Unternehmen Bytedance gehört. TikTok wehrte sich gegen den Bann und betonte, dass die Daten von US-Nutzern nur in Rechenzentren vor Ort und in Singapur gespeichert würden. Man gebe grundsätzlich keine Informationen an die Regierung in Peking weiter. Der neue US-Präsident Joe Biden und sein Kabinett haben noch keine klare Strategie im Umgang mit dem Social-Media-Betreiber, das Vorgehen Trumps aber zunächst gestoppt.
https://www.heise.de/news/USA-TikTok-will-biometrische-Daten-inklusive-Stimmenausdruecke-sammeln-6063059.html
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Hans

Gesichtserkennung: Globaler Appell zum Verbot biometrischer Überwachung
175 zivilgesellschaftliche Organisationen, Aktivisten und Forscher aus der ganzen Welt fordern ein Verbot des Einsatzes biometrischer Überwachungstechnik.
08:19 Uhr
Von
  • Stefan Krempl
Instrumente zur Identifizierung von Menschen aus der Ferne wie Videoüberwachung mit automatisierter Gesichtserkennung sind in der Lage, die Betroffenen auf Schritt und Tritt zu verfolgen und auszusondern sowie Profile über sie zu erstellen. Sie untergraben so die Menschenrechte und bürgerlichen Freiheiten. Diesen Alarm schlägt eine Allianz aus 175 zivilgesellschaftlichen Organisationen, Aktivisten und Forscher aus der ganzen Welt. Sie fordert in einem offenen Brief an Gesetzgeber daher einen globalen Bann biometrischer Überwachungstechnik im öffentlichen Raum.
Das Verbot müsse für Regierungen, Strafverfolgungsbehörden und private Akteure gelten, schreibt das Bündnis. Es will einen Schlussstrich unter die Entwicklung einschlägiger Instrumente für eine massenhafte oder diskriminierende gezielte Überwachung gezogen wissen. Diese stellten einen Angriff auf die Privatsphäre und den Datenschutz dar, "verschärfen Ungleichheit sowie Diskriminierung und haben das Potenzial, die Meinungs- und Versammlungsfreiheit mundtot zu machen". So werde es noch einfacher, legitimen Protest zu kriminalisieren.
Auf die Beine gestellt haben die Allianz Access Now, Amnesty International, European Digital Rights (EDRi), Human Rights Watch, die Internet Freedom Foundation (IFF) und die brasilianische Verbraucherschutzorganisation Instituto Brasileiro de Defesa do Consumidor (IDEC). Zu den Erstunterzeichnern gehören auch Institutionen wie AlgorithmWatch, der Chaos Computer Club Luxemburg, Digitalcourage, Digitale Gesellschaft, Electronic Privacy Information Center, Epicenter.works, La Quadrature du Net, Privacy International und Statewatch. Die Kampagne steht für weitere Unterstützer offen.
Entwicklung biometrischer Techniken einstellen
Die Beteiligten wollen erreichen, dass alle öffentlichen Investitionen in biometrische Techniken zur massenhaften oder gezielten Überwachung gestoppt werden. Weder öffentliche Einrichtungen noch private Unternehmen dürften sie nutzen oder vorantreiben. An Investoren richtet sich der Appell, die von ihnen finanzierten Firmen aufzurufen, entsprechende Entwicklungen oder den Vertrieb solcher Werkzeuge einzustellen.
US-Konzerne wie Amazon, Microsoft und IBM haben den Verkauf von Programmen zur Gesichtserkennung an die Polizei bereits dauerhaft oder vorübergehend gestoppt. Offenbar seien ihnen die problematischen Auswirkungen bewusst, heißt es von dem Bündnis. Der folgerichtige zweite Schritt wäre es aber, die Finger ganz von solchen Instrumenten zu lassen.
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Gesichtserkennung: Europäische Bürgerrechtler gehen gegen Clearview vor

"Gesichtserkennung und verwandte biometrische Erkennungstechnologien haben keinen Platz in der Öffentlichkeit", betonte Daniel Leufer, Analyst für Europapolitik bei Access Now. Sie schafften gefährliche Anreize für Diskriminierung und eine unverhältnismäßige Anwendung, sodass sie "hier und jetzt verboten werden müssen". Viele Regierungen beriefen sich auf die öffentliche Sicherheit und behaupteten, "dass sie rechtliche Schutzmaßnahmen ergreifen", ergänzte Leufers für Lateinamerika zuständige Kollegin Verónica Arroyo. Die Erfahrung zeige, dass damit die schädlichen Folgen der Technik nur verschleiert würden.
Die EU-Kommission will mit ihrem Gesetzespaket für Künstliche Intelligenz (KI) Echtzeit-Gesichtserkennung weitgehend untersagen. Damit blieben aber Ausnahmen möglich für die Verfolgung besonders schwerer Verbrechen. Bürgerrechtsgruppen drängen mit der Europäischen Bürgerrechtsinitiative "Reclaim Your Face" dagegen auf dem alten Kontinent schon seit ein paar Monaten für ein komplettes Verbot biometrischer Massenüberwachung.
https://www.heise.de/news/Gesichtserkennung-Globaler-Appell-zum-Verbot-biometrischer-Ueberwachung-6064806.html
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Hans

Staatstrojaner durchgewinkt: SPD-Fraktion ignoriert Parteichefin und Nachwuchs
10. Juni 2021 Claudia Wangerin
Es liest doch nur "unser Verfassungsschutz" mit, argumentierten Unionspolitiker. Grafik: Gerd Altmann auf Pixabay (Public Domain)
Der Verfassungsschutz bekommt Zugriff auf die Kommunikation über verschlüsselte Messenger-Dienste. Den politischen Preis dafür zahlt in der Großen Koalition wohl der Juniorpartner
SPD-Chefin Saskia Esken war dagegen, aber die Bundestagsfraktion ihrer Partei stimmte als Teil der Großen Koalition mit den Unionsparteien dafür: Der Inlandsgeheimdienst bekommt ebenso wie die Bundespolizei Zugriff auf die Kommunikation über WhatsApp und andere verschlüsselte Messenger-Dienste. Er soll dort im Einzelfall mitlesen dürfen, wenn eine entsprechende Anordnung vorliegt. Die entsprechende "Anpassung des Verfassungsschutzrechts" wurde am Donnerstag im Bundestag beschlossen. Unionspolitiker hatten dort in einer Aussprache vor der Abstimmung erklärt, damit käme der Inlandsgeheimdienst mit seinen Möglichkeiten wieder auf dem Stand an, auf dem er schon vor der Erfindung von Internet und Mobilfunk gewesen sei.
CDU-Logik: Die Zeit der Rauchzeichen ist vorbei
In Zeiten von "Rauchzeichen" und "Topfschlagen" sei die Kommunikation leicht zu abzuhören und zu entschlüsseln gewesen, argumentierte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU). "Irgendwann sind wir dann zum Telefon übergegangen", so Middelberg. Heute würden aber nicht mehr so viele Menschen analog telefonieren. Beim Zugriff auf die verschlüsselte Kommunikation gehe es nur "um eine sehr überschaubare Zahl von Fällen im Jahr, so Middelberg. "Es geht nicht um 80 Millionen Bundesbürger." Außerdem werde die Kommunikation ja nur von "unserem Verfassungsschutz" mitgelesen, also von Sicherheitsbehörden. "Sachlich muss der Eingriff begründet sein", betonte er. Darüber wache die G-10-Kommission, bestehend aus sechs Personen, die für das Richteramt befähigt seien. Der Name dieses Gremiums bezieht sich auf den Grundgesetzartikel 10, der das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis regelt.
Die Reform des Verfassungsschutzgesetzes war in der Koalition zunächst umstritten gewesen. Ein erster Entwurf war den anderen Ministerien bereits im März 2019 zur Stellungnahme übersandt worden. Damals sah er für die Geheimdienste auch noch die Erlaubnis für "Online-Durchsuchungen" vor. Darunter versteht man den verdeckten Zugriff auf Computer, Smartphones und andere IT-Geräte, deren Daten dann ausgelesen werden können.
Letzteres wollten allerdings auch SPD-Abgeordnete nicht mittragen, die den Zugriff auf verschlüsselte Messenger-Dienste vehement befürworteten. "Denn dort und nirgendwo anders. kann man fast schon sagen, kommunizieren die Feinde der freiheitlich demokratischen Grundordnung", argumentierte der SPD-Politiker Uli Grötsch.
Die Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD (Jusos) hatte versucht, die Abgeordneten in einem offenen Brief umzustimmen. Darin heißt es unter anderem:
ZitatWir möchten euch erinnern, dass insbesondere die Arbeit der Verfassungsschutzämter in den letzten Jahren vor allem durch Skandale geprägt war. Diesen Behörden mehr Möglichkeiten einzuräumen, ist nicht klug.
(Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD)
Zudem warnten die Parteinachwuchsorganisation vor Glaubwürdigkeitsverlusten, die sich die SPD durch den Kompromiss mit der den Unionsparteien "in dieser politischen Phase kurz vor Ende der Legislatur" einhandeln könnte.
SPD-Chefin Saskia Esken hatte am Mittwoch via Twitter erklärt, sie halte die Entscheidung für den Einsatz von "Staatstrojanern" auch weiterhin für falsch, vor allem in den Händen von Geheimdiensten. "Diese Form der Überwachung ist ein fundamentaler Eingriff in unsere Freiheitsrechte und dazu ein Sicherheitsrisiko für unsere Wirtschaft", hatte Esken betont.
Diesen Satz zitierte am Donnerstag im Bundestag der Oppositionspolitiker Stephan Thomae (FDP) und rief die SPD-Fraktion auf, entsprechend abzustimmen: "Folgen Sie ihrer Bundesvorsitzenden!"
Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz warf der Großen Koalition vor, sie komme in den letzten parlamentarischen Stunden dieser Legislatur mit "verheerenden" und "verfassungsrechtlich hochproblematischen Instrumenten um die Ecke". Für den Einsatz der Trojaner seien Sicherheitslücken erforderlich, die auch andere Geheimdienste oder Kriminelle nutzen könnten - und dies betreffe dann sehr wohl die Datensicherheit von 80 Millionen Bundesbürgerinnen und Bundesbürgern. Ihnen werde "ein IT-Sicherheitsrisiko ersten Ranges" zugemutet.
AfD fürchtet Linksdrall im Bundesinnenministerium
Auch die AfD-Fraktion meldete Bedenken an, allerdings aus ihrer ganz eigenen Perspektive, da aus ihrer Sicht das Bundesinnenministerium unter Horst Seehofer (CSU) als Dienstherr des Verfassungsschutzes möglicherweise zu links ist: Im Inlandsgeheimdienst gehe es darum, Personen oder Gruppen auszuspähen und "öffentlich zu brandmarken", erklärte der AfD-Abgeordnete Roland Hartwig. "Nicht jeder der zunehmend links orientieren Politiker" könne der Versuchung widerstehen, den Geheimdienst als politische Waffe im "Kampf gegen Rechts" einzusetzen, betonte er.
Als Kronzeugen führte er ausgerechnet den ehemaligen Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen an, der dem CDU-Rechtsaußenflügel WerteUnion angehört. Maaßen habe in der Preußischen Allgemeinen Zeitung erklärt, auf ihn sei während seiner Amtszeit "massiver persönlicher Druck" ausgeübt worden, doch endlich die AfD zu beobachten". Dabei habe er den Eindruck gewonnen, er solle parteipolitisch instrumentalisiert werden. Letzteres hindert Maaßen allerdings aktuell nicht daran, in Südthüringen auf dem Ticket der Unionsparteien in den Bundestag einziehen zu wollen.
Der Linken-Politiker André Hahn bekräftigte in der Aussprache am Donnerstag die Forderung seiner Fraktion, den Verfassungsschutz als Geheimdienst aufzulösen und durch eine "Unabhängige Beobachtungsstelle Autoritarismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit" zu ersetzen. Ein entsprechender Antrag der Linksfraktion mit dem Titel "Zivilgesellschaft stärken, Verfassung wirksam schützen" wurde mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen abgelehnt. Auch für einen Antrag der Grünen mit der Überschrift "Neustart des Verfassungsschutzes des Bundes" stimmten nur die Antragsteller, die Linksfraktion enthielt sich, die übrigen Fraktionen lehnten ihn ab.
Weitere Anträge der Opposition abgelehnt
Keine Mehrheit fanden auch die Anträge der FDP-Fraktion "Freiheit und Sicherheit schützen - Für eine Überwachungsgesamtrechnung statt weiterer Einschränkungen der Bürgerrechte" (19/23695) und "Bürgerrechte und Sicherheit schützen - Für einen wirksamen Verfassungsschutz" (19/16875). Den ersten Antrag lehnten die Koalitionsfraktionen bei Enthaltung der AfD und der Linken bei Zustimmung von FDP und Grünen ab. Den zweiten lehnten die Koalition und die Linksfraktion bei Enthaltung von AfD und Grünen ab.
Zwei Gesetzentwürfe der AfD zur "Stärkung der Verfassungsmäßigkeit und Rechtsstaatlichkeit im Bundesverfassungsschutzgesetz" (19/30406) sowie zur Änderung des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz, 19/30412) wurden zur weiteren Beratung an den Innenausschuss überwiesen. (Claudia Wangerin)

https://www.heise.de/tp/features/Staatstrojaner-durchgewinkt-SPD-Fraktion-ignoriert-Parteichefin-und-Nachwuchs-6067951.html
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Hans

[font="times new roman", "new york", times, serif]      Bundestagsbeschluss: Nächtliche Hausdurchsuchungen zur Festplattenbeschlagnahmung zulässig
15 Juni 2021 17:23 Uhr
Ein neuer Passus der Strafprozessordnung sieht vor, dass die automatisierte Kennzeichenerfassung künftig bundesweit eingesetzt werden kann. Außerdem sollen nächtliche Hausdurchsuchungen zu Beschlagnahmung von Festplatten möglich sein, wie der Bundestag beschloss.             
[/font]


[font="times new roman", "new york", times, serif]Ein neuer Paragraf der Strafprozessordnung (StPO), der von der Bundesregierung am 11. Juni 2021 zusammen mit weiteren Regelungen beschlossen wurde, sieht vor, dass das umstrittene Mittel der automatisierten Kennzeichenerfassung künftig bundesweit eingesetzt werden darf. Zudem wird durch den neuen Paragrafen ausdrücklich erlaubt, im Zusammenhang mit Computerkriminalität nächtliche Hausdurchsuchungen vorzunehmen. Union und SPD stimmten für das Gesetz, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen stimmten dagegen. AfD und FDP enthielten sich. Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen.

Bayern: Hausdurchsuchungen wegen "Hasskommentaren" nach Alarmierung durch Medienportale
Durch das neue Gesetz dürfen die Kennzeichen von Kraftfahrzeugen künftig "vorübergehend und nicht flächendeckend" erfasst werden. Es müssen jedoch tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass "eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen worden ist und die Annahme gerechtfertigt ist, dass diese Maßnahme zur Ermittlung der Identität oder des Aufenthaltsorts des Beschuldigten führen kann".
Vor zwei Jahren hatte das Bundesverfassungsgericht den automatischen Abgleich von Kfz-Kennzeichen mit Fahndungsdaten in drei Bundesländern für verfassungswidrig erklärt, da dies gegen das Recht auf informelle Selbstbestimmung verstoße. Mit dem neuen Paragrafen 163g der StPO wurde nun jedoch eine "spezialgesetzliche Befugnis der Strafverfolgungsbehörden zur automatischen Kennzeichenerfassung im öffentlichen Verkehrsraum insbesondere zu Fahndungszwecken" geschaffen, bei der die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes berücksichtigt worden sein sollenDer Einsatz sei "vor allem auf Fernstraßen geplant".
Der Bundesrat forderte zudem, zu prüfen, ob der Einsatz der automatischen Kennzeichenerfassung bei "besonders schweren Straftaten" erweitert werden kann und eine "vorübergehende ungefilterte Speicherungsbefugnis von Kennzeichen aller Verkehrsteilnehmer" möglich wäre. Union und SPD lehnten dies jedoch ab.

Mit Meldepflicht und Datenauskunft gegen "Hass und Hetze" im Internet
Der Gesetzentwurf wird darüber hinaus um eine weitere Regelung ergänzt, die die Möglichkeit nächtlicher Hausdurchsuchungen legitimiert: Künftig dürfen Wohnungen und Geschäftsräume zwischen 21 und 6 Uhr durchsucht werden, "wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass während der Durchsuchung auf ein elektronisches Speichermedium zugegriffen werden wird, das als Beweismittel in Betracht kommt, und ohne die Durchsuchung zur Nachtzeit die Auswertung des elektronischen Speichermediums, insbesondere in unverschlüsselter Form, aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre".
Begründet wird dies von offiziellen Stellen damit, dass die Einsatzkräfte verstärkt vor dem Problem stehen, dass mutmaßliche Täter ihre Datenträger verschlüsseln und so vor dem Zugriff durch die Strafverfolgungsbehörden schützen könnten. Wenn die Entschlüsselung nicht gelinge und sich der Tatverdächtige auch nicht kooperationswillig sei, könne eine forensische Auswertung oft nicht erfolgen.
Daher sei es bei Ermittlungen, vor allem im Bereich der Kinderpornografie und des sexuellen Missbrauchs von Kindern, von großer Bedeutung, Datenträger möglichst dann zu beschlagnahmen, "wenn sich diese im unverschlüsselten Zustand befinden", so die Begründung des neuen Gesetzes. Im Einzelfall müssen jedoch konkrete Anhaltspunkte vorliegen, um eine nächtliche Durchsuchung zu erlauben.
https://de.rt.com/inland/119149-bundestagsbeschluss-hausdurchsuchungen-zur-festplattenbeschlagnahmung-zulaessig/[/font]
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KenFM und Anonymus: Hacken gegen die Meinungsvielfalt
17. Juni 2021 um 12:10 Ein Artikel von: Tobias Riegel
Ein Hacker-Angriff auf das Alternativ-Medium KenFM wird von großen Medien entweder ignoriert oder verniedlicht. Solidarität von anderen Journalisten? Weitgehend Fehlanzeige. Dabei ist der Vorgang eine Attacke auf die Meinungsfreiheit, das Mittel kennt man auch aus dem Arsenal der Geheimdienste. Von Tobias Riegel.

Die Hackergruppe ,,Anonymus" hat nach eigenen Angaben die Webseite des Portals ,,KenFM" von Betreiber Ken Jebsen gehackt und sie vorübergehend lahmgelegt. Dabei seien unter anderem ,,persönliche Daten von Abonnenten", etwa ,,Vornamen, Nachnamen, E-Mail, Passworte" sowie ,,Spenderdaten", also ,,Namen, Beträge, Mailadressen von Spendern" erbeutet worden. Einige der so identifizierten Abonnenten wurden in den vergangenen Tagen bereits mit E-Mails von ,,Anonymus" behelligt.
Meinungsvielfalt muss prinzipiell verteidigt werden
Diese Aktion ist zu kritisieren, sie ist ein Angriff auf die Meinungsfreiheit und -vielfalt: Hacker-Angriffe sind Werkzeuge, die auch aus dem Sortiment der Geheimdienste bekannt sind, und Hacker-Angriffe auf Medien müssten eigentlich prinzipiell gegeißelt werden – unabhängig von inhaltlichen Differenzen. Ausgenommen von dieser prinzipiellen Ablehnung wären unter Umständen Daten-Angriffe, um kriminelles und gesellschaftsschädigendes Verhalten von Konzernen oder Politikern zu unterbinden, etwa Geldwäsche oder Korruption in großem Stil oder die Vorbereitung von Angriffskriegen. Ebenso können Hacker-Angriffe unter Umständen akzeptabel sein, wenn sie das Ziel haben, technische Mängel bei der Datensammlung von Unternehmen oder staatlichen Institutionen zu offenbaren.
Keines dieser Kriterien kann aber auf die Aktion gegen KenFM und seine Abonnenten angewendet werden. Die Ablehnung des Vorgangs hat im Übrigen nichts mit den Inhalten des Portals zu tun. Es geht um die prinzipielle Verteidigung der Meinungsvielfalt, unabhängig vom Grad der thematischen Übereinstimmung. Dass man sich mit der Kritik an der Hacker-Aktion nicht mit allen bei KenFM verbreiteten inhaltlichen Standpunkten einverstanden erklärt, ist selbstverständlich. Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht, das nicht von anonymen und dubiosen Gruppen, deren Motive und Unterstützer im Dunkeln bleiben, willkürlich infrage gestellt werden darf. Zur Ausübung des Rechts auf freie Wahl der eigenen Informationsquellen gehört auch die Anonymität der Spender und Abonnenten.
Ein ,,Kollektiv" von ,,Aktivisten" gegen ,,Corona-Verharmloser"
Was die Anonymus-Gruppe vom für die Ausübung der politischen Mitwirkung wichtigen Prinzip der Vertraulichkeit hält, hat sie bereits kürzlich bewiesen, indem sie Daten von Mitgliedern der neuen Partei ,,Die Basis" erbeutete, wie etwa ,,t-Online" beschreibt:
Zitat,,Schlag von Anonymous-Aktivisten gegen die organisierte Szene der Corona-Verharmloser: Das Hackerkollektiv ist an die Daten der mehr als 10.000 Mitglieder der Partei ,dieBasis' gelangt."
Dieser zitierte Absatz ist symptomatisch für den Umgang vieler großer Medien mit ,,Anonymus": Die Gruppe wird (wenn die Wahl der Opfer in die aktuelle politische Agenda passt) verharmlosend zu ,,Aktivisten" und einem ,,Kollektiv" erklärt. Auf der anderen Seite wird aus der betroffenen Partei eine ,,organisierte Szene der Corona-Verharmloser" gemacht. Durch beide Schritte wird der auch im Fall von ,,Die Basis" abzulehnende Angriff auf politische Willensbildung indirekt gerechtfertigt.
Diffamierung statt Solidarität: Ken Jebsen, der ,,Verschwörungsprediger"
Auch die teils ignoranten, teils indirekt applaudierenden Reaktionen in manchen Medien auf die aktuelle Aktion gegen KenFM sind fragwürdig: Statt Kritik an der das Meinungsspektrum zensierenden Anonymus-Aktion oder Solidarität mit dem betroffenen Medium sind entweder Nichtbeachtung oder Häme zu verzeichnen. Zusätzlich fällt die un-journalistische Kategorisierung von Ken Jebsen auf, um den Hacker-Angriff indirekt zu rechtfertigen, etwa jene als ,,Verschwörungstheoretiker", der ein ,,Geschäftsmodell" bedienen würde. Laut Deutschlandfunk ist Jebsen ein ,,Verschwörungsmystiker" und ,,einer der wohl einflussreichsten deutschen Verschwörungsideologen". Bei ,,t-Online" wird Jebsen zum ,,Verbreiter von Fake News" und die Hacker zu ,,Verschwörungsgegnern" erklärt. Laut ZDF trifft es das ,,Verschwörungsportal ,KenFM'", die ,,Frankfurter Rundschau" nennt Jebsen einen ,,Verschwörungsprediger" und im ,,Spiegel" wird er zu einem ,,ehemaligen Journalisten". Der Versuch, Ken Jebsen unmöglich zu machen, damit bei ihm andere Kriterien gelten und die Pressefreiheit hier nicht verteidigt werden muss, ist offensichtlich.
Wie aber würden die Reaktionen wohl klingen, wenn ein gegen Putin oder gegen Assad gerichtetes ,,oppositionelles" Portal gehackt würde und die Unterstützer offenbart würden? Wie würden die Reaktionen klingen, wenn der ,,Spiegel" oder die ,,Süddeutsche Zeitung" gehackt würden? Anlass zu scharfer Kritik gibt es bei vielen großen deutschen Medien nun wirklich zur Genüge: die Vorbereitung und langjährige Flankierung von US-Kriegen, eine Stützung des neoliberalen Umbaus, aktuell die mediale Corona-Panik und vieles andere mehr.
Hacker-Angriffe auf Medien sind prinzipiell abzulehnen
Aber selbst diese kritikwürdigen Kampagnen von großen Medien würden keine anonymen Hacker-Angriffe auf sie rechtfertigen. Im Gegenteil: Gegen solche auch aus dem Arsenal der Geheimdienste bekannte Aktionen sollte sich eigentlich die Medienlandschaft kollektiv und deutlich aussprechen, unabhängig von den jeweiligen inhaltlichen Meinungen: Hier geht es um das Prinzip der Meinungsvielfalt, das durch Solidarität unter den Journalisten geschützt werden müsste. Wenn diese Solidarität nun durch Nichtberichterstattung ausbleibt oder gar mit Häme beschädigt wird, dann wird das ganze Prinzip beschädigt. Dieses Verhalten kann irgendwann auch auf die beteiligten Medien zurückfallen, wenn sie einst selbst Opfer solcher Daten-Attacken werden sollten. Dann wird es schwer, diese moralisch zu verurteilen, denn man hat sie bei KenFM selber geduldet.
Anonymus agiert außerdem nicht im luftleeren Raum: Die Aktion gegen KenFM reiht sich ein in eine Vielzahl von Angriffen gegen das Medium. So hat YouTube den Kanal gesperrt, seit März wird "KenFM" vom Berliner Verfassungsschutz als Verdachtsfall geführt und die Landesmedienanstalt Berlin hat ein Verfahren eröffnet. Die Anonymus-Gruppe sieht ihre Aufgabe offenbar in einer nochmaligen Verstärkung dieser zensorischen Angriffe von staatlicher und privater Seite.
,,Anonymus" und ,,Faktenchecker": Regierungskritiker als Hauptgegner
Nicht nur KenFM oder ,,Die Basis" sind betroffen. Die ,,Aktivisten" vom ,,Hackerkollektiv" sehen ihre Gegner anscheinend nicht zuerst in mächtigen staatlichen Institutionen oder großen Medien, die sich an der Vorbereitung von Angriffskriegen beteiligen. Selbstgewählte Aufgabe ist im Moment nach eigenen Angaben vor allem die Beobachtung und die Schikane von Kritikern der Corona-Politik, etwa mit der ,,Operation Tinfoil". Die Sabotage eines unbequemen Mediums und die damit erzielte Einschränkung der Meinungsvielfalt wird von ,,Anonymus" in grotesker Verdrehung als Kampf für Meinungsfreiheit, demokratisches Miteinander und natürlich ,,die Wahrheit" verkauft:
Zitat,,Das Kollektiv Anonymous kämpft gegen das System, wenn es notwendig ist. Aber Anonymous kämpft immer für die Meinungsfreiheit, wenn sie tatsächlich eingeschränkt ist, und für ein demokratisches Miteinander. Vor allem jedoch kämpft Anonymous immer für die Wahrheit."
Ein ,,Kampf gegen das System" ist allerdings spätestens seit 2020 bei Anonymus weit und breit nicht mehr zu entdecken. Im Gegenteil: Durch die im Zuge der Corona-Krise vorgenommene endgültige Fokussierung der ,,Faktenchecker" und ,,Hackerkollektive" auf die Kritiker der Regierung und deren Diffamierung als ,,Fake-News" soll mutmaßlich der Anschein erweckt werden, die angepassten Journalisten der großen Medien würden im ,,Gegensatz" dazu keine Fake-News verbreiten. KenFM, RT und alle alternativen Medien zusammen könnten jedoch nicht ansatzweise solche umfangreichen und langfristigen Kampagnen wie zum Syrien-Krieg oder zum Maidan-Umsturz oder zur Sabotage der staatlichen Rente ausführen, wie sie in vielen großen Medien zu beobachten waren, von der aktuellen medialen Corona-Panik ganz zu schweigen.
Die Hauptquelle der großflächigen Manipulation der Bürger sprudelt in den Redaktionen großer Medien. Und die werden von den ,,Faktencheckern" und ,,Hackerkollektiven" nicht behelligt. Dieses Messen mit zweierlei Maß ist eine große Heuchelei und entzieht den Beteiligten die Glaubwürdigkeit. Nicht zuletzt ist festzustellen, dass der große Erfolg von Portalen wie KenFM nicht die Ursache von gesellschaftlichen Spaltungen ist: Dieser Erfolg ist erst die Folge von Spaltungen, die von Politikern, Unternehmern und von Journalisten etablierter Medien herbeigeführt wurden.
Hat die Pressefreiheit als ,,Staatsreligion" ausgedient?
Wie groß muss außerdem die eigene inhaltliche Unsicherheit sein, wenn die wenigen Kritiker, die noch übrig sind, in so scharfer Form und gleichzeitig von Geheimdiensten, Tech-Konzernen, Landesmedienanstalten, Politikern, großen Medien, ,,Faktencheckern" und nun Hackern bekämpft werden? Ein offensiver "Werte"-Wandel ist festzustellen: Die Zensur und die (nicht inhaltlich geführten) Attacken auf die Meinungsvielfalt werden gar nicht mehr kaschiert, höchstens notdürftig hinter einem durchschaubaren ,,Kampf gegen Hasssprache" versteckt. ,,Werte" werden nun ganz offen über Bord geworfen, indem YouTube inhaltliche Zensur erlaubt wird, indem öffentliche Institutionen wie die Landesmedienanstalten gegen unbequeme Medien vorgehen, indem der Verfassungsschutz unter anderem die Medien ,,Junge Welt" und ,,KenFM" beobachtet, indem Hacker-Angriffe nicht skandalisiert werden. Das beschädigt ganz offiziell Werte, die (wie die Pressefreiheit) bis vor Kurzem geradezu als Staatsreligion hochgehalten wurden und die noch immer als Alleinstellungsmerkmal der ,,westlichen Demokratien" genutzt werden, um sich über andere Länder zu erheben.
Und Menschen, die sich früher ,,links" genannt haben (und das in einer grotesken Verdrehung der Kriterien noch immer tun), applaudieren: Da kann dann von der Polizei gar nicht genug Härte gegen friedliche ,,Querdenker"-Demos eingefordert werden. Oder ,,Hacktivisten" beziehen sich auf den Verfassungsschutz als indirekte Handlungsempfehlung, anstatt die Drangsalierung Andersdenkender durch den Geheimdienst zu geißeln.
https://www.nachdenkseiten.de/?p=73445
"Vertrauen Sie denen, die nach der Wahrheit suchen, und mißtrauen Sie
denen, die sie gefunden haben."
(André Gide)

Hans

Massenüberwachung mit Gesichtserkennung: Wen die Kamera erkennt
Von der Gesichtserkennung bis zum Fingerabdruck – die biometrische Überwachung nimmt zu, so der Report einer Bürgerrechts-NGO.
Die biometrische Überwachung, z.B. mit Gesichtserkennung, ist auch in Europa auf dem Vormarsch Foto: Gary Waters/imago
BERLIN taz | Die Bürgerrechtsorganisation European Digital Rights (EDRi) sieht die Überwachung mit biometrischen Methoden wie Gesichtserkennung in Europa auf dem Vormarsch. ,,Die Nutzung von biometrischer Massenüberwachung im öffentlichen Raum ist in den vergangenen Jahren zunehmend und stillschweigend zu einer gängigen Methode geworden", schreibt die Organisation in einem am Mittwoch vorgelegten Report. Dabei gehe es sowohl um Überwachung durch staatliche Stellen als auch durch private Akteure.
Grundsätzlich verbietet die Datenschutz-Grundverordnung biometrische Überwachung. Nur in Ausnahmefällen ist sie erlaubt, zum Beispiel, wenn die Betroffenen ausdrücklich und freiwillig zugestimmt haben. So musste kürzlich etwa der Berliner Zoo seine Pläne, Ja­hres­kar­ten­nutzer:innen anhand biometrischer Gesichtserkennung zu identifizieren, stoppen.
Der Bericht beleuchtet einzelne Länder in Fallbeispielen, darunter auch Deutschland. Hier kritisieren die Au­to­r:in­nen unter anderem eine zunehmende Nutzung von Gesichtserkennung im öffentlichen Raum und die Verpflichtung zur Abgabe von Fingerabdrücken in Personalausweisen. Für die Gesichtserkennung führt der Report ein Beispiel aus Köln an, wo die Polizei Kameras installiert habe, die ,,biometric-ready" seien, also tauglich für die Live-Gesichtserkennung.
Im Blickfeld dieser Kameras seien nicht nur Personen, die sich auf Plätzen oder Straßen bewegen, sondern auch Arztpraxen, Kanzleien und religiöse Orte – und damit auch die Personen, die sie betreten oder verlassen. Die NGO kritisiert dabei grundsätzlich den Einsatz von Kamera­über­wachung im öffentlichen Raum, weil sie das verdeckte Sammeln persönlicher Daten normalisiere.
,,Während die EU-Gesetze sagen, dass jeder von uns unschuldig ist, bis seine Schuld bewiesen ist, stellt die Verbreitung biometrischer Massenüberwachungspraktiken in ganz Europa das auf den Kopf", kritisiert Ella Jakubowska von EDRi. In der Logik dieser Überwachungspraktiken sei je­de:r so lange verdächtig, bis die Unschuld mittels der zur Überwachung gehörenden Datenbanken und Systeme nachgewiesen werde.

https://taz.de/Massenueberwachung-mit-Gesichtserkennung/!5780770/
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(André Gide)

Hans

ING klemmt Kunden ohne Smartphone mutwillig von ihren Online-Bankkonten ab
20. 07. 2021 | Die ING, seit Kauf der Diba eine der führenden Online-Banken in Deutschland, klemmt Kunden, die kein Smartphone haben und kein Ersatzgerät von der Bank kaufen wollen, vom Online-Zugang zu ihren Konten ab. Eine sinnvolle Begründung für dieses ungewöhnlich kundenfeindliche Vorgehen bietet sie nicht.

Es ist schon einige Wochen her, dass mir die ING den Zugang zu meinem Online-Konto abgeklemmt hat. Ich habe bisher nicht darüber geschrieben, weil ich Persönliches und Bloggertätigkeit nicht vermischen wollte, aber da ich empörte Zuschriften von Leserinnen und Lesern zu dem Thema bekomme, tue ich es jetzt doch.
Es ist bemerkenswert, mit welcher kaltschnäuzigen Kundenfeindlichkeit diese Bank vorgeht, um ihre App durchzudrücken. Ob die Daten, die sie darüber zusätzlich erhält, wirklich so wertvoll sind?
Einen Hinweis in meiner Postbox auf die anstehende Abschaltung des von mir genutzten mTAN-Verfahrens hatte ich nicht gelesen. Beim Versuch, mich mit den bisherigen Zugangsdaten einzuloggen, bekam ich den vermutlich  irreführenden Hinweis, ich hätte mich dreimal vertippt und der Zugang sei nun gesperrt, und den definitiv irreführenden Hinweis, ich könne leicht neue Zugangsdaten festlegen. Dafür bräuchte ich nur:
  • meine persönlichen Daten sowie
  • meine iTAN-Liste oder mein Smartphone mit der Banking to go App oder meinen photoTAN-Generator.
Der letzte Hinweis ist irreführend, weil iTAN-Listen schon seit September 2019 nicht mehr genutzt werden können.
iTAN-Listen waren Listen mit durchnummerierte Zahlencodes auf Papier, von denen man zur Bestätigung einer Online-Transaktion jeweils eine bestimmte einzutragen aufgefordert wurde. Diese Listen sind durch die Zahlungsverkehrsdienstleistungsrichtline der EU PSD2 aus Sicherheitsgründen aus dem Verkehr gezogen. Die ING hat stattdessen, wie viele andere Banken auch, das mTAN-Verfahren eingerichtet, bei dem man per SMS auf das Handy einen einmalig verwendbaren Bestätigungscode zugesandt bekommt.
Dieses Verfahren hat sie nach nur etwas mehr als eineinhalb Jahren nach Ankündigung abgeschaltet. Als Erklärung dafür bietet sie auf Nachfrage neben irreführenden Ausführungen zu PSD2 nur an, dass es eine Minderheit sei, die das Verfahren nutzt.
So bekam ein Leser, der mir schrieb, als Antwort auf seinen Protest neben der Weigerung, den photo-TAN-Generator unentgeltlich bereitzustellen, zur Antwort nur eine über die wahren Gründe hinwegtäuschende Erklärung:
ZitatDamit Sie das Internetbanking wieder nutzen können, richten Sie als Freigabeverfahren bitte den photoTAN-Generator oder unsere Banking to go App ein. Aufgrund der EU-Richtlinie PSD2 ist die Nutzung der iTAN für die Freigabe von Zahlungstransaktionen nicht mehr zulässig. Daher können Sie – solange die iTAN bei Ihnen als aktives Freigabeverfahren hinterlegt ist – das Internetbanking nicht nutzen."
Wie erläutert ist das iTAN-Verfahren schon lange außer Betrieb, während das tatsächlich genutzte mTAN-Verfahren durchaus mit der PSD2-Richtlinie vereinbar ist. Wenn man falsche Gründe vorschützen muss, für das, was man tut, sind die wahren Gründe wahrscheinlich nicht sehr schön. Die wesentlichen Kosten des mTAN-Verfahrens hat die Bank mit der Programmierung und Implementierung schon auf sich genommen. Laufende Kosten lassen sich über Gebühren für verschickte SMS hereinholen oder zumindest reduzieren.
Mir fallen als mögliche Gründe nur ein, dass die Bank zusätzliche Daten will, die sie vielleicht über die App bekommt, oder, dass dies Teil der um sich greifenden Schikane von Bürgern ist, die sich nicht auf Schritt und Tritt überwachen lassen wollen.
Meine Nachfrage, welche Bestimmung in den Geschäftsbedingungen der Bank erlaubt, die Anschaffung eines Smartphones oder eines Spezialgerätes von mir zu verlangen, um Zugang zu meinem Konto zu behalten, hat die Bank bisher nicht beantwortet. Das bisherige mTan-Verfahren konnte auch mit einfachen Handys oder SMS-fähigen Festnetztelefonen genutzt werden.
Funkstille auch bei meiner zweiten Nachfrage. Ich wollte wissen, inwiefern eine App, die es ermöglicht, sowohl den Kontozugang, als auch die Bestätigung der Identität auf einem Gerät, dem Smartphone abzuwickeln, der PSD2-Richtlinie entspricht. Diese fordert starken Identitätsnachweis unter Nutzung zweier unabhängiger Geräte. Die Bank scheint trotz aller Lippenbekenntnisse zu PSD2 und zur Sicherheit nichts dagegen zu haben, dass Kunden alles auf einem Gerät abwickeln. Sie erwähnt die Nutzung von Computer UND Smartphone für den Vorgang – also das, was PSD2 fordert – nur als Möglichkeit für Leute, die gern einen großen Bildschirm nutzen:
ZitatÜbrigens können Sie Ihr Online-Banking weiterhin auf einem großen Bildschirm erledigen. Die Banking to go App wird dann nur zur Freigabe von Transaktionen und zur Bestätigung des Log-Ins benötigt."
Die Bankaufsicht Bafin (das ist die, die das deutsche Vorzeigeunternehmen Wirecard bis zuletzt heldenhaft gegen Investigativjournalisten und Shortseller verteidigt hat), fühlt sich ausweislich der wachsweichen Antwort an einen Leser, nicht berufen, in irgend einer Form zum Schutz der Bankkundeninteressen tätig zu werden.
https://norberthaering.de/news/ing-app/
"Vertrauen Sie denen, die nach der Wahrheit suchen, und mißtrauen Sie
denen, die sie gefunden haben."
(André Gide)